Zur Geschichte Nicaraguas

Mit einer Fläche, die ungefähr einem Drittel derjenigen der Bundesrepublik entspricht, ist Nicaragua der größte Staat Zentralamerikas. Für das Land, das sich selbst „Land der Seen und Vulkane“ nennt, haben geografische Besonderheiten immer eine wichtige Rolle gespielt. Die geografisch bedingte Zweiteilung des Landes in den relativ reichen, gut erschlossenen Pazifikstreifen und den größeren Landesteil, die dünn besiedelte, unzugängliche, arme Atlantikküste, haben das Land und seine Bevölkerung genauso geprägt, wie die Erfahrungen mit häufigen Erdbeben und Vulkanausbrüche, mit Wasserüberfluss und der Fruchtbarkeit der Böden. Die fast vollständig vorhandene Wasserverbindung zwischen Atlantik und Pazifik über den Río San Juan und den Nicaraguasee ist eine der Ursachen für das „geostrategische Interesse“ der USA an dem Land. Schon seit dem 19. Jh. zeigte die USA ein großes Interesse an Nicaragua. Angefangen mit William Walker, der sich als US-Bürger 1856 zum Präsidenten Nicaraguas aufschwang und damit in einen Bürgerkrieg provozierte, über die jahrzehntelange militärische Besetzung des Landes durch die USA im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts, die erst durch den Sieg im Guerillakrieg unter Führung von Augusto Cesar Sandino beendet werden konnte, bis zu der über 40 Jahre andauernden Unterstützung der verbrecherischen Diktatur des Somoza Familien-Clans war die Einmischung der USA entscheidend für die politischen Entwicklungen in Nicaragua. Das wichtigste Datum der nicaraguanischen Geschichte in den letzten 50 Jahren ist der 19. Juli 1979, der Tag des Sieges der sandinistischen Revolution über die Diktatur Somozas. Es folgte das Jahrzehnt der Regierung der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) mit beispielhaften politischen Projekten wie Agrarreform, Alphabetisierungs- und Gesundheitskampagne und Sicherung des Grundbedarfes an Lebensmitteln für alle. Aber schon nach drei Jahren begannen die USA bewaffnete Gruppen (Contras) zu finanzieren, die mit Terroraktionen gegen die Bevölkerung das Land destabilisierten. Besonders die neuen Errungenschaften in der Infrastruktur (Schulen, Gesundheitsposten, Wasserleitungen) waren Ziele der Contra. Ab 1984 verminten die USA die Häfen des Landes und verhängten ein Handelsembargo, dem sich auch die bundesdeutsche Kohl-Regierung anschloss. Krieg und Embargo führten die Wirtschaft Nicaraguas an den Rand des Zusammenbruchs. Mit dem Versprechen, den Contra-Krieg zu beenden, gewann Violeta Chamorro mit ihrem konservativen Bündnis die Wahlen von 1990. Von ihrer und den beiden folgenden rechten Regierungen sind, u.a. durch die vom IWF geforderten Strukturanpassungsmaßnahmen, fast alle Errungenschaften der 80er Jahre wieder rückgängig gemacht worden. Korruptionsskandale und Machtkämpfe zwischen der aus der Revolution hervorgegangenen Partei FSLN und der politischen Rechten brachten das Land teilweise an den Rand der Unregierbarkeit.

Mit den Wahlen vom November 2006 wurde der langjährige Vorsitzende der FSLN Daniel Ortega wieder Präsident Nicaraguas.

Die Ortega-Regierung trat unverzüglich dem lateinamerikanischen Staatenbündnis ALBA bei und begann mit venezolanischer Unterstützung, eine Reihe von Maßnahmen durchzuführen: Beendigung der Energieknappheit, Verbesserung der staatlichen Gesundheits- und Bildungsversorgung, Erwachsenenalfabetisierung und weitere Programme zugunsten der Armutsbevölkerung.

International scharf kritisiert wurde sie für die Durchsetzung eines generellen Abtreibungsverbots und fehlendem Respekt gegenüber der parlamentarischen und zivilgesellschaftlichen Opposition. Linke Oppositionelle in Nicaragua sprechen bereits vom Aufbau einer "institutionellen Diktatur".

 

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