Wasserkraftprojekte in Honduras verlieren internationale Geldgeber

Kredite aus den USA und Europa für honduranische Energieprojekte könnten künftig spärlicher fließen

Von Thomas Raabe
amerika21

Tegucigalpa/Den Haag/Washington. Die US-Regierung hat ihre finanzielle Unterstützung für das höchst umstrittene Wasserkraftprojekt Jilamito im nördlichen Departamento Atlántida gekippt. Im Mai wurde bereits bekannt, dass die niederländische Entwicklungsbank FMO der zweitgrößten honduranischen Bank Ficohsa einen Kredit von über 60 Millionen US-Dollar nicht gewähren wird. Die FMO war unter anderen an der Finanzierung des Wasserkraftprojekts Agua Zarca beteiligt.

Der Mord an der honduranischen Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres 2016 geschah im Zusammenhang mit Agua Zarca. Als sich die Hinweise verdichteten, dass Mitarbeiter der Betreiberfirma DESA in die Tat verwickelt waren, zog sich die FMO aus dem Projekt zurück.

Aktuell läuft in Honduras der Prozess gegen den ehemaligen DESA-Direktor David Castillo, einen der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes an Berta Cáceres. Mit DESA-Finanzchef Daniel Atala Midence, gegen den nun offiziell auch ermittelt wird, gerät erstmals ein Mitglied der einflussreichen Unternehmerfamilie Atala Zablah ins Visier der Justiz. Präsident der Ficohsa-Finanzgruppe, zu der auch die Ficohsa-Bank gehört, ist Camilo Atala Faraj, ein Cousin von Eduardo Atala Zablah, einem der Hauptaktionäre der DESA.

Das Nachrichtenportal Vice stellt den Rückzug des US-Engagements in einen Zusammenhang damit, dass die "Biden-Administration ihre Politik gegenüber Honduras, Guatemala und El Salvador überprüft, um zu versuchen, Armut, Korruption und Gewalt zu reduzieren, die jeden Monat Zehntausende von Menschen versuchen lässt, die Vereinigten Staaten zu erreichen".

Die International Development Finance Corporation (DFC) des US-Finanzministeriums, die Gelder für privatwirtschaftliche Projekte bereitstellt, zog einen bereits zugesagten Kredit in Höhe von 35,7 Millionen US-Dollar für das 14,8 Megawatt Wasserkraftprojekt zurück. Die DFC gab keinen Grund für ihre Entscheidung an, wies aber darauf hin, dass sie nach einer umfassenden Überprüfung der auf das Projekt bezogenen Sorgfaltspflichten (due diligence) gefallen sei. Als Finanzgeber verblieben ist die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB), die über ihren Wirtschaftsförderungsarm IDB Invest angekündigt hat, dass sie den Bau des Jilamito-Wasserkraftwerks in Honduras durch ein Darlehen in Höhe von 20,25 Milliarden US-Dollar finanzieren wird.

Das Projekt ist umstritten, zwei Kraftwerksgegner wurden in diesem Zusammenhang ermordet. Zudem werden der Betreiberfirma Inversiones de Generación Eléctricas S.A. (INGELSA) Korruption und weitere Verstöße gegen honduranisches Recht vorgeworfen. Vor drei Jahren begann INGELSA damit, fünf Verteidiger:innen des Flusses Jilamito juristisch verfolgen zu lassen.

Im Mai hatten die honduranische Umweltbewegung Movimiento Amplio de Dignidad y Justicia (MADJ) und Schools of Americas Watch zusammen mit 61 weiteren Organisationen ein Schreiben an das US-Finanzministerium gerichtet, in dem zwei Minderheitseigentümern des Unternehmens Hermacasa, Emin und Omar Abufele Salomon, Geldwäsche-Praktiken vorgeworfen werden. Emin Abufele Marcos wird als Miteigentümer von INGELSA gemeinsam mit Hermacasa genannt. Laut Wikileaks gab es schon vor 18 Jahren Ermittlungen wegen Geldwäsche gegen die beiden. Die US-Botschaft setzte sie damals auf eine Liste für Personen, denen die Einreise in die USA verweigert wird.

Martín Fernández, Koordinator des MADJ, betont gegenüber amerika21, dass der Rückzug der US-Kreditgeber aus Jilamito ein Teilerfolg des permanenten Kampfs gegen Korruption sei. Bereits im Dezember 2010 hatte die MADJ gegen die Konzessionen für Jilamito und 23 weitere Wasserkraftprojekte Rechtsmittel eingelegt. "Das Jilamito-Vorhaben bedeutet Korruption bei staatlichen Stellen wie der Staatsanwaltschaft, dem Justizsystem und dem Umweltministerium", so Fernández.

Laut MADJ war das Wasserkraftwerk von einer honduranischen Auswahlkommission für technisch und wirtschaftlich unrentabel erklärt und abgelehnt worden. Dennoch kam es zur Unterzeichnung von Verträgen mit staatlichen Stellen und zur Erteilung einer Umweltlizenz – ohne die betroffenen Gemeinden über die negativen Auswirkungen, ihr Recht auf Wasser und eine gesunde Umwelt zu informieren.

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