Erhielt Präsident von Honduras Gelder aus Drogengeschäft?

Prozess gegen Bruder des Präsidenten in New York fortgesetzt. Belastende Zeugenaussagen. Drogengelder in Wahlkampagne. Juan Orlando Hernández dementiert
Von Thomas Raabe
amerika21

New York/Tegucigalpa. Der Prozess gegen Juan Antonio "Tony" Hernández, Bruder des honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández, ist am Dienstag vor einem New Yorker Bundesgericht fortgesetzt worden. Ein ehemaliger Beamter der US-Drogenbehörde (DEA), sagte aus, dass er bei einer Befragung im Jahr 2016 bestritten hatte, den Anführer des Kartells "Los Cachiros", Devis Leonel Rivera Maradiaga, getroffen zu haben. Die Zusammenkunft wurde jedoch mit einer versteckten Kamera gefilmt, deren Aufnahmen der DEA übergeben wurden. Dabei wurde über Verträge einer Scheinfirma gesprochen, die zur Geldwäsche genutzt wurde.

Der in den USA inhaftierte Guatemalteke Fernando Chang Monroy sagte aus, dass er ungefähr 15 Tonnen Kokain von Tony Hernández gekauft und später an das Sinaloa-Kartell in Mexiko weiterverkauft habe. Hernández habe ihm anvertraut, dass er ein Drogen-Labor besitze und sein Kokain zu 99 Prozent rein sei. Chang erklärte, dass der Angeklagte ihm versicherte, jede Art von Waffe besorgen zu können. So habe er Munition und 40 Maschinengewehre M16 gekauft. Die Munition war mit Chargennummern versehen, was untypisch sei, denn dies wäre ein Hinweis, dass sie aus Regierungsbeständen kämen.

Tony Hernández wird neben der Falschaussage auch Drogenschmuggel, Bestechung und illegaler Waffenbesitz zur Last gelegt. Wenn er in allen Anklagepunkten verurteilt wird, droht ihm eine Freiheitsstrafe von mindestens 30 Jahren und als Höchststrafe lebenslange Haft. Noch diese Woche wird ein Urteilsspruch der Geschworenen erwartet.

In den bisher acht Prozesstagen wurden nicht nur belastende Zeugenaussagen gegen Tony Hernández bekannt. Auch Präsident Hernández wird beschuldigt, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben. Staatsanwalt Jason Richman erklärte, dass der Angeklagte von seinem Bruder geschützt worden sei. Drogenhändler wie der inhaftierte Mexikaner Joaquin "El Chapo" Guzmán und das Sinaloa-Kartell sollen Gelder an Tony Hernández gezahlt haben. Laut Zeugenaussagen habe der amtierende Präsident etwa 1,5 Millionen US-Dollar an Drogenerlösen für seine Wahlkampagne im Jahr 2013 erhalten.

Präsident Hernández bezeichnet diese Anschuldigungen als "100 Prozent falsch, absurd und lächerlich".

Am Samstag sagte der Drogenboss Rivera Maradiaga aus. Neben den Kontakten zu Tony und Juan Orlando Hernández erzählte er, dass die Anführer des Valle-Valle Kartells planten, Präsident Hernández zu ermorden. Anlass dazu gaben ihnen die nicht beantworteten Anrufe, nachdem Hernández das Präsidentenamt übernommen habe. Sie hätten für ihn die Wahlkampagne 2013 im Departamento Copán finanziert. Darüber hinaus erklärte er, dass er mit weiteren Kongressabgeordneten der regierenden Nationalen Partei, unter anderem mit Oscar Nájera und Reynaldo Ekónomo zusammenarbeitete. Nájera brach Polizeikontrollen ab und Ekónomo setzte sich für die Aufhebung eines Haftbefehls gegen Rivera ein. Auch der ehemalige honduranische Präsident José Porfirio Lobo (2010-2013) soll zwischen 500.000 und 600.000 US-Dollar erhalten haben. Lobos Sohn Fabio ist im Jahr 2017 wegen Drogenhandels in den USA zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Rivera selbst stellte sich im Januar 2015 der DEA, nachdem er seit 2013 mit der Behörde zusammenarbeitete.

Am 7. Oktober war Alexander Ardón, ehemaliger Bürgermeister von El Paraiso im Departamento Copán, als Zeuge geladen. Er beschrieb ein Treffen mit "El Chapo", bei dem Tony Hernández versprochen habe, wenn sein Bruder die Präsidentschaft 2013 gewinne, wären seine Kokaintransporte in Honduras geschützt. Bei diesem Treffen wurde eine Million US-Dollar überreicht. Gegen Ardón, der er sich im Januar 2019 selbst stellte, war von Seiten der US-Behörden die Auslieferung beantragt worden. In den acht Prozesstagen sagten weitere Drogenhändler und ein ehemaliger Polizist aus. Letzterer habe für das sichere Geleit der Drogentransporte gesorgt.

Die New Yorker Staatsanwaltschaft bat die honduranische Justiz um Einsicht in den Besitzstand, Geschäfte, Flugzeuge, Waffen etc. des Angeklagten. Nach Aussagen des DEA-Beamten Sandalio González sei auf ihre Anfrage nie reagiert worden.

Aufgrund der Enthüllungen vor dem Bundesgericht hat die "Soziale Bürgerplattform pro Honduras" am Montag bei der Generalstaatsanwaltschaft Anzeige gegen Präsident Hernández, seinen Bruder sowie Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates und weitere Funktionäre erstattet. Es sollen Ermittlungen aufgenommen und Haftbefehle erlassen werden. Der Nationale Sicherheitsrat, unter Führung von Präsident Hernández, koordiniert seit 2011 alle Justiz-, Polizei- und Militäraktionen in einer einzigen Instanz.

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