Festnahme von Ruth López: Nächster Schlag gegen die Zivilgesellschaft in El Salvador

Die Menschenrechtsorganisation Cristosal fordert die Freilassung von Ruth López
Die Menschenrechtsorganisation Cristosal fordert die Freilassung von Ruth López, Quelle: @ciidh

Inhaftierung im Kontext verschärfter Repression. Kritik aus In- und Ausland. Menschenrechtsbeauftragter der Regierung legt Amt nieder

Von Antonia Rodriguez Sanchez
amerika21

San Salvador. In der Nacht zum Montag wurde Ruth Eleonora López, Juristin und Leiterin der Antikorruptions- und Justizeinheit der angesehenen Menschenrechtsorganisation Cristosal, in El Salvador festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr die Veruntreuung öffentlicher Gelder während ihrer früheren Tätigkeit als Beraterin des ehemaligen Präsidenten des Wahltribunals, Eugenio Chicas, vor (amerika 21 berichtete). Dieser ist seit Februar wegen ähnlicher Vorwürfe inhaftiert.

Zahlreiche internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International, Human Rights Watch und das Washingtoner Büro für Lateinamerika (WOLA), verurteilten die Verhaftung und forderten López Freilassung. "Wir verfolgen mit Sorge die Festnahme von Ruth López, die mutig Korruption und Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung Bukele angeprangert hat", schrieb etwa Juanita Goebertus, Direktorin für Die Amerikas bei Human Rights Watch, auf X. In einer offiziellen Mitteilung ergänzte sie: "Ruth López hat über Jahre hinweg mutig Korruption und Menschenrechtsverletzungen in El Salvador offengelegt. Ihre Festnahme ist kein Einzelfall – sie markiert eine gefährliche Eskalation in Bukeles Versuch, abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen." Auch die Mutter der Inhaftierten, Eleonora Alfaro, wies die Vorwürfe gegen ihre Tochter entschieden zurück und sprach bei einer Pressekonferenz von einer "klaren Vergeltungsaktion für die unerschrockene Arbeit und Haltung meiner Tochter".

Ruth López zählt zu den prominentesten Kritikerinnen der Regierung Nayib Bukele. Sie äußerte sich wiederholt gegen den seit März 2022 geltenden Ausnahmezustand, unter dem laut offiziellen Angaben über 85.000 Menschen festgenommen wurden. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International werfen der Regierung vor, unter dem Vorwand der Gangbekämpfung systematische Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Verhaftungen, Folter und Misshandlungen zu begehen. Die umfassende Arbeit von Ruth López im Einsatz für Menschenrechte und Transparenz ist international anerkannt. So führte die britische BBC sie 2024 in ihrer Liste der 100 einflussreichsten Frauen der Welt. In den vergangenen Wochen hatte sie sich als Anwältin für Venezolaner eingesetzt, die aus den USA abgeschoben in El Salvador inhaftiert werden (amerika 21 berichtete).

In einer von der Zeitung El Diario de Hoy veröffentlichten Audioaufnahme ist zu hören, wie López die Polizisten während der Festnahme darum bittet, "Anstand zu wahren" und sich nicht für ungerechte Befehle aus dem Präsidialamt herzugeben, welche das Ziel hätten, unbequeme Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Cristosal verurteilte die Festnahme scharf und bezeichnete sie als "erzwungenes Verschwindenlassen", da ihrer Familie und Anwält:innen über Stunden Informationen über den Aufenthaltsort von López verwehrt wurden. Die Organisation sieht darin einen klaren Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien und internationale Menschenrechtsstandards.

Allein im laufenden Jahr hat die Regierung Bukele über ein Dutzend willkürlicher Inhaftierungen gegen Aktivistinnen und Aktivisten, Menschenrechts- und Umweltverteidiger, Gemeindevertreter sowie einen Geistlichen vorgenommen. So waren erst in der vergangenen Woche der Vorsitzende der landwirtschaftlichen Kooperative El Bosque, José Ángel Pérez, und der Menschenrechtsanwalt Alejandro Henríquez Flores festgenommen worden. Beide wurden bei friedlichen Protesten gegen drohende Zwangsräumungen inhaftiert. Ihnen werden "öffentliche Unruhen" vorgeworfen, obwohl Belege dafür fehlen (amerika21 berichtete). Im Zuge der aktuellen Eskalation kommt es auch zu politischer Repression und zu willkürlichen Hausdurchsuchungen bei Medienschaffenden sowie zu Übergriffen auf zivilgesellschaftliche Organisationen.

Nur 40 Minuten nach der Festnahme von Ruth López legte der Regierungsbeauftragte für Menschenrechte und Meinungsfreiheit, Andrés Guzmán Caballero, sein Amt nieder – ein bemerkenswerter Schritt mitten in einer Phase eskalierender Repression. Der aus Kolumbien stammende Funktionär war seit Mai 2023 im Amt und hatte seither auf internationaler Bühne versucht, die massive Menschenrechtskritik an der Regierung Bukele zu entkräften.

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