Kritik an Menschenrechtsorganisation ANPDH aus Nicaragua. Kritik an veröffentlichten Zahlen zum Konflikt. Hat ANPDH Verbindungen in die Politik?

Das Logo der nicaraguanischen Menschenrechtsorganisation Quelle: anpdh

Von Rudi Kurz
amerika21

Managua. Vorsitzende der Nicaraguanischen Vereinigung für Menschenrechte (ANPDH) beschuldigen den bisherigen Geschäftsführer Álvaro Leiva, die Zahl der Toten und Verletzten während des Konfliktes in Nicaragua im Frühjahr 2018 bewusst übertrieben zu haben. Die gefälschten Zahlen wurden in die Berichte der Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) und der UN-Menschenrechtsorganisation (OHCHR) sowie von anderen internationalen Organisationen übernommen. Inzwischen haben sich die aufgeblähten Zahlen als Betrug erweisen. Die Glaubwürdigkeit von ANPDH wurde damit massiv in Frage gestellt.

Zusätzlich zu der Fälschung von Menschenrechtsberichten wird Leiva und anderen Mitgliedern der Verstoß gegen die Statuten der Organisation vorgeworfen, darunter Fälschung von Unterschriften, Zugriff auf die Spendengelder usw.

Nach einem Treffen mit dem konservativen Bischof von Estelí, Abelardo Mata, Anfang Juli hatten die Direktoren von ANPDH beschlossen, die Organisation neu zu strukturieren und Exekutivsekretär Álvaro Leiva aus dem Amt zu entlassen. Leiva war im vergangenen Jahr aufgrund der von ihm veröffentlichten Informationen unter besonderen Schutz durch die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) gestellt worden. Im August letzten Jahres war Leiva wegen von ihm angegebenen Sicherheitsproblemen nach Costa Rica gegangen. Dort hat er eine neue NGO gegründet, die wie ANPDH aus dem Ausland finanziert werden sollte.

Zu den Finanziers von ANPDH gehörten internationalen Organisationen wie die National Endowment for Democracy (NED), das National Democratic Institute (NDI) und Open Society – einige sind bereits in der Vergangenheit bekannt geworden für Unterstützung der Destabilisierung fortschrittlicher Regierungen in Lateinamerika. ANPDH ist 1986 in Miami gegründet worden und gilt als Teil des US-Programms zur Unterstützung der Contras bei ihrem Kampf gegen die sandinistische Regierung.

Leiva hat bisher nicht auf die ernsten Anschuldigungen reagiert. Ende Juni hatte er die Direktoren von ANPDH beschuldigt, mit der sandinistischen Regierung zu kooperieren. Die Organisation soll nach diesen Vorwürfen nun vom Innenministerium in Managua überprüft werden.

Die betreffenden Berichte und die alten Kontaktangaben hat ANPDH inzwischen von ihrer Homepage und von Auftritten auf sozialen Medien gelöscht.

2018 hatten Leiva und die ANPDH den von der deutschen und französischen Botschaft in Managua vergebenen Menschenrechtspreis erhalten.

Im letzten Bericht von Leiva hieß es, dass es mehr als 560 Tote durch Polizei und Paramilitärs gebe, mehr als 4.500 Verletzte und mindestens 1.300 Entführte und Verschwundene. Auf die Unstimmigkeiten in den Berichten der Organisation hatte die nicaraguanische Kommission für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden (CVJP) mehrfach hingewiesen. Laut dem letzten differenzierten Bericht von CVJP kam es bei dem Konflikt zu insgesamt 253 Toten. Davon starben 220 Personen im direkten Zusammenhang mit den Konflikten, 27 im Kreuzfeuer und sechs durch Querschläger. 140 Menschen starben im Zusammenhang mit den Straßensperren und ihrer Räumung. 48 der Opfer waren Mitglieder der Sandinisten, 31 gehörten zu "selbstorganisierten Oppositionsgruppen", 22 waren Polizisten, für die restlichen 152 fehlen die Angaben noch.

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