Recht auf Asyl, Recht auf Schutz

Ein Querschnittsthema unserer Arbeit ist die Solidarität mit Menschen, die für kurze Zeit nach Deutschland kommen, um Schutz zu suchen oder ein langfristiges, sicheres Exil benötigen.

2022 bereiteten wir einen halbjährlichen Aufenthalt eines Menschenrechtsverteidigers vor, der 2023 mit dem Schutzprogramm der Elisabeth-Selbert-Initiative zu uns kam (siehe dazu das Kapitel Aktivitäten zu Mexiko). Und wir hielten unter anderen weiter Kontakt mit geflüchteten Honduraner*innen in Mecklenburg-Vorpommern, mit einem trans*Aktivisten aus Kolumbien, der wegen lebensbedrohlicher Vorfälle schnell sein Land verlassen musste und einer Kolumbianerin, die an die Härtefallkommission in Niedersachsen appelliert, in Deutschland bleiben zu können.

Zu Kolumbien waren wir im ständigen Gespräch mit Kolleg*innen von Unidas para la Paz in Berlin und Red Colombia-Rhein-Main in Frankfurt. Sie leiten die Initiative „Recht auf Asyl“. Darüber hinaus haben wir Anfragen von Menschen erhalten, die noch in Kolumbien sind oder die versucht haben, nach Deutschland zu kommen, aber im Exil in anderen Ländern gelandet sind.

Herausforderung „Frieden“

Im Fall von Kolumbien stehen die Asylsuchenden vor sehr schwierigen Herausforderungen. Einerseits schaffte das 2016 unterzeichnete Friedensabkommen mit der Guerilla FARC ein Bild des „Friedens“ und der „politischen Ruhe“ in Kolumbien. Andererseits führte die vorherige Regierung eine sehr starke mediale und diplomatische Kampagne, um das Image eines friedlichen Kolumbiens zu verkaufen, trotz schwerer Menschenrechtsverletzungen im Land, Angriffen illegaler Gruppen, staatlicher Verbrechen und polizeilicher Repression. Dieses Bild des Friedens und der Ruhe fiel bei der Deutschen Regierung auf fruchtbaren Boden. Seit 2018 lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fast alle Asylanträge von Kolumbianer*innen ab. Nach dem Friedensabkommen mit der FARC begann jedoch eine neue Eskalation des Konflikts und viele Personen wurden ins Ausland vertrieben. Einige Menschen haben eine Duldung erhalten, andere einen befristeten Aufenthalt, viele kämpfen immer noch darum, in Deutschland bleiben zu können.

Um Lösungen für diese Situation zu finden, organisierte die Initiative „Recht auf Asyl“ ein Fachgespräch und Arbeitstreffen zum Thema Asyl für Kolumbianer*innen in Deutschland. Daran nahmen 22 Personen aus verschiedenen Organisationen in Kolumbien und Deutschland teil, die sich mit Menschenrechts-, Asyl- und Migrationsfragen beschäftigen, darunter unser Kolumbien-Referent.

Die große Herausforderung besteht darin, so die Gesprächsteilnehmer*innen, den staatlichen Stellen in Deutschland klarzumachen, dass auch der Regierungswechsel und die Umsetzung des Friedensabkommens keinen sofortigen Wandel im Land herbeiführen und dass es sehr wohl noch immer Gründe gibt, Kolumbianer*innen Schutz zu gewähren. Es braucht viel Zeit, bis die Kultur der Gewalt, Trans*-Feindlichkeit und Homophobie durch eine Kultur der Vielfalt und des Respekts, des Friedens und der Toleranz ersetzt wird. Wenngleich unsere Arbeit in diesem Bereich eher darin besteht, Organisationen und Menschen zu finden, die Asylbewerber*innen direkt unterstützen können, halten wir unsere Beteiligung an der politischen Debatte für einen notwendigen Beitrag zugunsten der Menschen, die zu uns kommen. Außerdem wollen wir auch unsere Forderungen an die Regierungen in Lateinamerika fortsetzen, politische Maßnahmen und Aktionen zur Akzeptanz und Förderung der Geschlechtervielfalt und konkrete Maßnahmen zum Schutz von Aktivist*innen und sozialen Führungspersönlichkeiten durchzuführen.

Grenzenlos trans* – und die Menschenwürde?

Solidarität und Austausch über Grenzen hinweg: Juana Zúniga aus Honduras und María Victoria („Mariposa“) Leguizamo aus Kolumbien nach einem Treffen in Hannover.
Solidarität und Austausch über Grenzen hinweg: Juana Zúniga aus Honduras und María Victoria („Mariposa“) Leguizamo aus Kolumbien nach einem Treffen in Hannover.

Seit 2021 begleiten wir die geflüchtete Menschenrechts- und Trans*-Aktivistin Maria Victoria („Mariposa“) Leguízamo aus dem kolumbianischen Departement Arauca. Sie tritt auch in Deutschland sehr aktiv für die Rechte der Community ein und zeigt uns immer aufs Neue, was es bedeutet, grenzenlos gegen Diskriminierung und für Empowerment zu streiten.

Im Mai 2022 konnten wir ein Video und ein Radiointerview mit Mariposa aufnehmen und sie als Gesprächspartnerin für den Podcast Latinotopia von Radio Z in Nürnberg vermitteln.(1)

Gegen Jahresende veranstalteten wir gemeinsam mit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung des LSVD ein Online-Panel mit Mariposa und Tamara Montenegro, der Leiterin der Fundación Dignidad Trans aus Arauca.(2) Im Fokus der Arbeit der Organisation stehen Sicherheit und Empowerment für trans*Frauen, vor allem auch aus dem angrenzenden Venezuela. Das Panel machte deutlich: Wer nur in Richtung des menschenrechtsverletzenden Globalen Südens schaut, verkennt die Probleme vor der eigenen Haustür und im eigenen Haus. Wir brauchen mehr denn je eine strukturelle, intersektionale und internationalistische Perspektive. Die queere Community kann sie uns zeigen.


(1) https://www.youtube.com/watch?v=gXQ3rwfkPZw
https://latinotopia.libsyn.com/mariposa-mujer-trans-formadora

(2) https://www.oeku-buero.de/details/grenzenlos-trans-trans-sin-fronteras.html

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