Aktivitäten zu Nicaragua und El Salvador

Dienstreise nach Nicaragua und El Salvador

Im Jahr 2022 reiste unser Nicaragua- und El Salvador-Referent nach dreijähriger Corona Pause im Rahmen seiner Dienstreise wieder nach Mittelamerika.

Ein vom ÖkuBüro unterstütztes Umweltprojekt in La Grecia im Landkreis San Ramón
Ein vom ÖkuBüro unterstütztes Umweltprojekt in La Grecia im Landkreis San Ramón

In Nicaragua traf er sich mit verschiedenen Vertreter*innen unserer Partnerorganisation, dem Movimiento Comunal Nicaragüense (MCN). In Managua stand dabei zunächst ein Treffen mit dessen Direktion auf dem Programm. Dabei ging es vor allem darum zu erfahren, wie sich die in Nicaragua neu erlassenen Gesetze zur Registrierung und Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen auf die Arbeit des MCN auswirken. Aus Sicht der Vertreter*innen des MCN haben diese neuen Gesetze durchaus zu einer Verunsicherung geführt, zumal sich der Dokumentationsaufwand vor allem für aus dem Ausland finanzierte Projekte immens erhöht hat. Eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen hat es nicht geschafft, diesen neuen bürokratischen Anforderungen gerecht zu werden, was dazu geführt hat, dass diese ihren Vereinsstatus verloren haben und aufgelöst wurden. Dem MCN gelang es bisher jedoch, sich an diese neu gestellten Anforderungen anzupassen. Allerdings war es dafür notwendig, gewisse interne Prozesse umzustrukturieren. In der Vergangenheit war es so, dass in jedem Departement und Landkreis die jeweiligen Abteilungen des MCN ihre Verträge und Belege bei sich aufbewahrt hatten. Nun müssen alle zentral in Managua für eventuelle Kontrollen oder Berichte gegenüber der Regierung aufbewahrt werden.

Umweltbrigade in La Grecia im Landkreis San Ramón
Umweltbrigade in La Grecia im Landkreis San Ramón

In den Landkreisen San Ramón, San Dionisio und Esquipulas im Departament Matagalpa besuchte unser Referent einige Gemeinden, in denen das Ökubüro mit Spendengeldern sowie mit Förderung der Schmitz-Stiftungen Projekte mit Kindern und Jugendlichen, Aktivitäten zum Katastrophenschutz sowie zur Anpassung an den Klimawandel unterstützt hat (siehe Fotos).


Kommunales Radio in der Gemeinde Molino-Landkreis Sébaco
Kommunales Radio in der Gemeinde Molino-Landkreis Sébaco

Auch auf dem Plan stand ein Besuch in der Gemeinde Molino-Sur im Landkreis Sébaco. Dort half das Ökubüro im Jahre 2015 im Rahmen unserer Solidaritätsreise beim Bau eines kommunalen Radios. Dieses ist auch sieben Jahre nach unserem Engagement dort weiterhin in Betrieb und entwickelt sich stetig weiter.

In Somoto im Departement Madriz im Norden Nicaraguas tauschte sich unser Referent mit den dortigen Mitgliedern des MCN über die diversen sozialen Herausforderungen in der Grenzregion sowie die damit in Zusammenhang stehenden Aktivitäten des MCN aus.

Gespräch mit Verteter*innen des MCN in Somoto
Gespräch mit Verteter*innen des MCN in Somoto

Ein sehr augenscheinliches Phänomen in Nicaragua im Jahre 2022 war die verstärkte Migration in die USA. Bei einer Gesprächsrunde in Pueblo Nuevo (ebenfalls Departament Somoto) wurde dieses Thema durchaus kontrovers diskutiert. So waren zahlreiche Teilnehmer*innen der Meinung, dass es in Nicaragua durchaus viele Möglichkeiten gäbe, sein Leben zu gestalten. Besonders wenn man bedenkt, dass die Menschen für die Reise in die USA, zum Teil mehrere Tausend Dollar aufbringen müssten, wäre es vielleicht eher sinnvoll, dieses Geld zu nutzen, um sich in Nicaragua ein Geschäft oder ähnliches aufzubauen. Zum Teil wurde die Ansicht geäußert, dass die Migration in die USA eine Art Mode geworden sei und auch Menschen aus eigentlich stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen sich auf den Weg nach Norden gemacht hätten.

Goldabbau im Departament Matagalpa, Säcke mit Golderz
Goldabbau im Departament Matagalpa, Säcke mit Golderz

Dennoch muss festgehalten werden, dass sich besonders auf dem Land die Situation der Menschen durchaus verschärft hat. Dies führten die Gesprächspartner*innen sowohl auf die wirtschaftlichen Folgen der Proteste im Jahre 2018, die Hurricans und Überschwemmungen der letzten Jahre, sowie auf die wirtschaftlichen Verwerfungen in Folge der Corona-Pandemie zurück. Zwar ist es so, dass die nicaraguanische Regierung durchaus versucht, diese Folgen abzumildern, wie zum Beispiel durch das Einfrieren der Preise für Benzin. Dennoch ist es auch klar, dass angesichts der globalen wirtschaftlichen Krise, die Möglichkeiten eines staatlichen Eingreifens durchaus begrenzt sind.

Nach Nicaragua ging es dann mit dem Bus über Honduras nach El Salvador. Der rund zweiwöchige Aufenthalt stand ganz im Zeichen des Ende März verhängten Ausnahmezustandes. In diesem Zusammenhang beklagten diverse Organisationen, dass sich diese Maßnahme nicht nur gegen die organisierte Kriminalität richtet, sondern auch den Spielraum sozialer Organisationen massiv einschränkt. So könne zum Beispiel allein ein Treffen mit mehreren Personen den Verdacht der Behörden auf sich ziehen und zu einer Verhaftung führen. Des Weiteren werden von Seiten der Regierung immer wieder Vorwürfe gegen die sozialen Bewegungen laut, mit den Pandillas gemeinsame Sache zu machen. Allgemein erschwerte der Ausnahmezustand auch die Dienstreise selbst, da einige Organisationen aus Angst vor Repressalien unserem Büro mitteilten, dass ein Besuch vor Ort derzeit nicht möglich sei. Andere, eigentlich auf mehrere Tage geplante Besuche mussten auf einen Tag verkürzt werden.

Diese Eindrücke bestätigte uns auch Héctor Carrillo von der Menschenrechtsorganisation FESPAD. Gegenüber dem Ökubüro betonte er, dass es durchaus richtig und wichtig sei, dass die Regierung auch repressiv gegen die kriminellen Jugendbanden vorgeht. Allerdings betonte er auch, dass dabei rechtsstaatliche Mindeststandards eingehalten werden müssten. Bei den zehntausenden seit Beginn des Ausnahmezustandes Verhafteten besteht jedoch das Problem, dass diese meist ohne Anwalt oder Gerichtsverfahren bis zu sechs Monate im Gefängnis verbleiben müssen. Dadurch würde der Polizeiwillkür Tür und Tor geöffnet.

Das repressive Klima in El Salvador wird auch im Alltag deutlich. So werden einige öffentliche Buslinien sogar vom Militär selbst betrieben, wobei an den Vorder- und Hintertüren Soldaten mit Maschinengewehren postiert sind. An anderer Steller sieht man, wie die Polizei gerade einen Jugendlichen durchsucht und verhaftet. Bei einem Besuch in Chalatenango in der Gegend um Guarjila wird deutlich, dass die Militarisierung nicht nur dazu gedacht ist, gegen kriminelle Banden vorzugehen. Denn obwohl es in der Gegend eigentlich sehr friedlich ist, postiert sich das Militär in einigen Dörfern nach Einbruch der Dunkelheit schwerbewaffnet auf der Straße. Anderenorts werden Bars und Geschäfte gezwungen früher zu schließen und die Gäste nach Hause geschickt.

Am Flusslauf des Bajo Lempa drohen Überschwemmungen
Am Flusslauf des Bajo Lempa drohen Überschwemmungen

Allerdings gibt es auch noch andere Themen in dem mittelamerikanischen Land. Bei einem Besuch der Organisation ACUDESBAL in der Region Bajo Lempa ging es vor allem um die Gefahr des immer wiederkehrenden Hochwassers als Folge des Klimawandels. Dabei wird diese Problematik dadurch verstärkt, dass der Deich am unteren Flusslauf des Bajo Lempa schon sehr stark beschädigt ist. Das Ökubüro konnte durch Spendengelder dazu beitragen, dass die Menschen der Region zumindest einen Teil des Hochwasserschutzes neu in Stand setzen konnten.

In Fe y Esperanza wird die Erinnerung an die Opfer des Bürgerkriegs aufrechterhalten
In Fe y Esperanza wird die Erinnerung an die Opfer des Bürgerkriegs aufrechterhalten

Dass in El Salvador nach wie vor die Geschichte der Zeit des Bürgerkrieges präsent ist, zeigte ein Besuch in dem ehemaligen Flüchtlingslager Fe y Esperanza. Dort tauschte sich unser El Salvador-Referent mit ehemaligen Binnenflüchtlingen über die damalige Situation und die damit verbundenen Lebensumstände aus.

Alles in allem, blieb bezogen auf das heutige El Salvador, der Eindruck einer sehr komplexen und komplizierten Situation zurück. Hoffnung macht jedoch das Aufkommen, beziehungsweise das Wiederbeleben linker Strukturen im Rahmen des Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular, mit dessen Vertreter*innen gegen Ender der Reise ein Gespräch stattfinden konnte. Eine ausführliche Beschreibung und Analyse der politischen und gesellschaftlichen Situation findet sich im Länderbericht El Salvador in diesem Jahresbericht.

Referent*innenrundreise

Unsere Gäste Enrique Picado aus Nicaragua und Rosa Isabas aus El Salvador
Unsere Gäste Enrique Picado aus Nicaragua und Rosa Isabas aus El Salvador

Wenn das Leben immer teurer wird: Preissteigerungen und Lebenshaltungskosten in Nicaragua und El Salvador, mit Rosa Isabas Galeano (RACDES) und Enrique Picado (MCN), 3.-15. Oktober

Vom 3.-15. Oktober 2022 fand unsere Referent*innenrundreise mit Rosa Isabas Galeano (RACDES / El Salvador) und Enrique Picado (MCN / El Salvador) statt. In den knapp zwei Wochen besuchten wir neben München die Städte Wolfenbüttel, Saarbrücken, St. Ingbert, Heidelberg, Greifwald, Leipzig und Berlin.

Inhaltlich ging es dabei, wie der Name schon sagt, um die Ursachen, Probleme und Lösungsansätze bezogen auf das Problem steigender Lebenshaltungskosten.

Als Gründe für Armut und soziale Ungleichheit wurden dabei einerseits die ungerechten Strukturen des Welthandels und aktuelle Verwerfungen in der globalen Ökonomie, aber auch ökologische Problematiken wie Klimawandel und Umweltzerstörung ausgemacht. Daneben wurde das Thema auch unter Aspekten der Gesundheit, sowohl eines präventiven wie reaktiven Gesundheitsbegriffs, diskutiert. Als Lösungsansätze wurden lokale Maßnahmen wie eine an den Klimawandel ökologische Landwirtschaft oder Ansätze einer solidarischen Ökonomie vorgestellt, die auch durch freiwilliges Engagement von Deutschland aus unterstützt werden können. Außerdem wurde noch auf Möglichkeiten des fairen Handels sowie langfristig auf den globalen und gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel hingewiesen.

Liveauftritt bei Radio Lora in München
Liveauftritt bei Radio Lora in München

Unsere beiden Gäste stellten das Thema je nach Publikum aus unterschiedlichen Perspektiven dar. So führten wir neben diversen Informationsveranstaltungen auch zwei Tagesseminare durch, besuchten eine Schule und führten Medien- und Hintergrundgespräche mit Aktiven unterschiedlicher Nichtregierungsorganisationen.

Neben den inhaltlichen Aspekten bilden die Rundreisen sowohl für die unterstützenden Gruppen als auch für unsere Gäste selbst die Möglichkeit des Austauschs und des Kennenlernens neuer Menschen, Orte und Sichtweisen. Das Ökubüro bedankt sich bei allen, die diese Reise möglich gemacht haben und besonders natürlich bei Rosa Isabas und Enrique Picado für die Zeit und die Mühen, die sie für ihren Besuch bei uns auf sich genommen haben.

Weitere Aktivitäten zu El Salvador

2.4. Zentralamerikatag: Zentralamerikatag/Día Centroaméricana:
„De-koloniale Perspektiven auf Zentralamerika“ / „Perspectivas de-coloniales a Centroamérica“ – online

Wie jedes Jahr beteiligten wir uns auch 2022 wieder an der Organisation und Durchführung des Zentralamerikatags. Im Rahmen des Programms gestalteten wir gemeinsam mit Jóse „Mario“ Guevara Maradiaga von unsere Partnerorganisation ACUDESBAL aus El Salvador einen Vortrag zum Thema „Dekoloniale Perspektiven in Zentralamerika aus der Sicht von Basisbewegungen“ sowie einen Workshop zum Thema „De-/kolonisierung und Klimawandel in El Salvador“.

07.09. Welche Perspektiven hat der Widerstand in El Salvador?, Ligsalz8

Veronica Guerra und Sonia Urrutia Berichten über den demokratischen Widerstand in El Salvador
Veronica Guerra und Sonia Urrutia Berichten über den demokratischen Widerstand in El Salvador

Bei der Veranstaltung berichteten Sonia Urrutia, Anwältin, Gewerkschafterin und Leitungsmitglied des Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular, sowie Veronica Guerra, Sozialarbeiterin, Feministin, Mitarbeiterin von APROCSAL und aktiv in der Coordinadora Salvadoreña de Movimientos Populares, über die derzeit schwierige politische Lage in El Salvador sowie die verschiedenen Versuche der sozialen Bewegungen, an dieser Situation etwas zu verändern.

8.12. El Salvador: Der Kampf um Demokratie und die Rolle des Öko-Feminismus, online

Im Rahmen der Onlineveranstaltung gab uns Fran Omar vom Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular einen Überblick über die jüngsten Aktivitäten sowie die bisherigen Erfolge dieses linken Bündnisses im Kampf für Demokratie in El Salvador sowie über die Herausforderungen und Ziele für das kommende Jahr.

Rosa Lilian López von der Vereinigung der Gemeinden für die Entwicklung von Chalatenango (CCR) berichtete darüber hinaus über die Situation und die Aktivitäten der Menschen auf dem Land sowie das damit in Zusammenhang stehende Konzept des Öko-Feminismus.

Eine Aufzeichnung der Vorträge findet sich auf der Website des Ökubüros.(1)

(1) https://www.oeku-buero.de/perspectivas-diversas/articles/8-dezember-2022-onlineveranstaltung-el-salvador-der-kampf-um-demokratie-und-die-rolle-des-oeko-feminismus.html

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