Aktivitäten zu Brasilien

Seit 2020 bereichert ein kleiner, ehrenamtlicher Brasilien-Arbeitskreis die Bildungs- und Menschenrechtsarbeit des Ökubüros und setzt verstärkt Akzente zu den Themen Rassismus und Antidiskriminierung. Ein Mitglied des AK nahm 2021 auch an mehreren Gesprächen und Diskussionen zum Thema Dekolonisierung teil. Eine dazu geplante Veranstaltung mit Aktivist*innen aus Lateinamerika mussten wir wegen der COVID-Pandemie jedoch verschieben.

Brasilien und Deutschland sind wirtschaftlich eng verflochten: Rund 45 Prozent der Eisen- und 30 Prozent der Zelluloseimporte Deutschlands stammen aus Brasilien, auch bei Sojamehl, Kaffee und Orangensaftkonzentraten ist der Anteil sehr hoch. Problematisch sind dabei neben der strukturellen Ungleichheit in den Wirtschaftsverhältnissen die hohe Zahl an Menschenrechtsverletzungen, sozialen Konflikten und Umweltzerstörungen, die mit dieser Produktion einhergehen. Das betrifft auch Umweltverschmutzung wie beispielshalber die Verseuchung durch Pestizide, Arbeitsrechtsverstöße in der Landwirtschaft, Arbeitsbedingungen die teilweise an Sklaverei grenzen, Landkonflikte, Entwaldung und Missachtung territorialer Rechte von indigenen und anderen traditionellen Völkern und Gemeinschaften. In diesem Zusammenhang unterstützten wir 2021 die Kampagne „Volk der Arara - Wächter des Iriri“, einer indigene Gruppe, deren Territorium durch extreme Abholzung bedroht ist.

https://www.oeku-buero.de/nachricht-555/campa%C3%B1a-pueblo-arara-guardianes-de-los-iriri-kampagne-volk-der-arara-w%C3%A4chter-des-iriri.html

Und wir organisierten drei Veranstaltungen zu Brasilien:

14. März: „Zum Gedenken an Marielle Franco und Berta Cáceres: gegen jede Form von Rassismus, Sexismus und Klassismus“

Im Rahmen der Münchner „Wochen gegen Rassismus“ moderierte Biancka Miranda für das Ökubüro eine Online-Veranstaltung in Kooperation mit dem NordSüdForum, Casa do Brasil, der Gruppe Aruanas und der Gesellschaft für bedrohte Völker. Referent*innen waren Renata Souza (Brasilien) und Berta Zúniga (Honduras). Siehe auch das Kapitel Aktivitäten zu Honduras in diesem Jahresbericht. Die Videoaufzeichung der Veranstaltung ist veröffentlicht unter 


https://www.facebook.com/100049178917730/videos/284340626548566/

9. November: KlimaUngerechtigkeit und Umwelt-rassismus – Brasilien und Deutschland im Fokus

Thais Santos und Eliete Paraguassu
Thais Santos und Eliete Paraguassu. Foto: Christian Russau

In dieser Präsenz-Diskussionsveranstaltung wurde der Zusammenhang zwischen Klima(Un)gerechtigkeit und Umweltrassismus verdeutlicht und verschiedene Perspektiven beleuchtet. Dabei ging es auch darum, die Verbindung zum globalen Süden und die Verantwortung des globalen Nordens herauszustellen. Zwei Aktivistinnen, Eliete Paraguassu und Thaís Santos, beide Vertreterinnen der Schwarzen Koalition für Menschenrechte in Brasilien (Coalizão Negra pelos Direitos), berichteten von ihren täglichen Kämpfen und kamen mit Christian Russau, Autor und Vorstandsmitglied des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, ins Gespräch. Thaís Santos schilderte die Situation im in der nordöstlichen Peripherie der Megametropole São Paulo. Vor 15 Jahren war sie Mitbegründerin der NGO „Comunidade Quilombaque“, einer „politisch-ethnisch-kulturellen“ widerständigen Gruppe, seit Oktober 2021 ist sie Mitglied des WWF-Rats für Brasilien. Dreißig Jahre lang wurde die Hälfte des gesamten Mülls von São Paulo nach Perus transportiert. Dort gibt es auch eine Zementfabrik, die massive Atemwegserkrankungen bei den mehrheitlich Schwarzen Einwohner*innen verursacht. Mülldeponien, Verkappung gefährlicher Substanzen in Flüssen, fehlende Abwasserentsorgung und Wasserknappheit – alles Umweltrassismus, der dort stattfindet, wo die Schwarze Bevölkerung lebt.

Eliete Paraguassu ist eine feministische Aktivistin aus der Ilha da Maré, südlich der Metropole Salvador da Bahia. Als Führungsperson der Fischer*innen und Flussanwohner*innen hat sie die vom Petrobras-Konzern verursachte Umwelt- und Gewässerverschmutzung in ihrer Heimat Klage eingereicht, die auch international für Aufsehen sorgte. Sie berichtete, dass die Gemeinde Jahrhunderte alt ist, aber erst seit den 1960er Jahren einen Hafen besitzt. Kürzlich wurden seitens der Hafenbetreiber fünf Hektar Mangrovensumpf gerodet, der nicht nur die Bucht von Aratu, sondern die gesamte „Allerheiligenbucht“ („Bahia de Todos os Santos“) ernährt, denn alle Gemeinden leben vom Fischfang. Der Hafen von Aratu wird noch immer ohne Umweltgenehmigung betrieben, der Umweltrassismus folgt einem genozidalen Modell, so die Referentin.

10. November: Sichtbarkeit, Teilhabe und Chancen-gerechtigkeit

Vertreterinnen der Schwarzen Koalition für Menschenrechte aus Brasilien prangerten Umweltrassismus an.
Vertreterinnen der Schwarzen Koalition für Menschenrechte aus Brasilien prangerten Umweltrassismus an.

In dieser Veranstaltung mit Eliete Paragassu und Thaís Santos ging es um einen Erfahrungsaustausch und Netzwerkaufbau zwischen verschiedenen Akteur*innen aus dem Globalen Süden und Norden, die sich für eine demokratische Gesellschaft mit mehr Sichtbarkeit, Teilhabe und Chancengerechtigkeit der BIPoC einsetzen. Die Schwarze Koalition für Menschenrechte, der die beiden Referentinnen angehören, ist ein Netzwerk von mehr als 200 Initiativen, Organisationen und Kollektiven in Brasilien. Eliete und Thaís teilten Erfahrungen mit dem Münchner Teilnehmenden und reflektierten mit ihnen über Instrumente für die politische Arbeit zwischen globalem Süden und Norden sowie mögliche gemeinsame Aktionen.

https://www.oeku-buero.de/details/sichtbarkeit-teilhabe-und-chancengerechtigkeit.html

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