Plakat eines Protestes in München gegen das Megaprojekt "Tren Maya“.

Dem Antrag ihrer Anwälte, zwei wegen des Mordes an Berta Cáceres verurteilte Mittelsmänner wegen der COVID-Epidemie freizulassen wurde nicht stattgegeben.(18) Die Nebenklage stellte im Mai 2020 einen Antrag, Ermittlungen gegen Daniel Atala Midence als einen der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes einzuleiten. Atala war Finanzchef des Unternehmens Desarollos Energéticos SA (Desa), welches das Wasserkraftwerk „Agua Zarca“ bauen wollte. Berta Cáceres hatte sich gemeinsam mit der Organisation COPINH und betroffenen Gemeinden dagegen gewehrt. Vor ihr waren bereits lokale, weniger bekannte Gegner*innen des Projektes ermordet wurden. Im August 2020 wurde der Prozess gegen den 2018 verhafteten ehemaligen Geschäftsführer der Desa, David Roberto Castillo Mejía eröffnet – trotz Protesten unter Ausschluss der Öffentlichkeit inclusive der Familienangehörigen von Berta und von Mitgliedern des COPINH und aus betroffenen indigenen Lenca-Gemeinden. Castillo gilt der honduranischen Justiz bisher als einziger Auftraggeber des Mordes. Die Beweislage gegen ihn vor allem durch Chatprotokolle aus beschlagnahmten Mobiltelefonen ist erdrückend.(19)

Das Jahr war deshalb geprägt von einer groß angelegten Social Media-Kampagne für den Angeklagten und den Bemühungen seiner Anwälte, einen Teil dieser Beweise als von einer Sachverständigen „manipuliert“ und damit nichtig erklären zu lassen. Als dies nicht gelang, verlegten sie sich – erfolgreich – darauf, den Beginn der Beweisaufnahme bis zum Jahresende (und darüber hinaus) unter anderem mit immer neuen Befangenheitsanträgen zu verzögern. Anwalt Victor Fernández kommentierte zum achten Abbruch der Verhandlung im November 2020, es sei völlig legitim, einen Mandanten gut zu verteidigen und dafür auch Rechtsmittel und Zeit in Anspruch zu nehmen, irgendwann sei aber diese Möglichkeit überzogen und es beginne eine Phase des Missbrauchs des Rechtes auf einen fairen Prozess.(20)

Ein zweiter Strafprozess in der Causa Berta Cáceres, der von der MACCIH und UFECIC vorermittelte Fall "Betrug am Gualcarque", betrifft 16 staatliche Funktionäre, denen Korruption bei der Genehmigung des Wasserkraftprojekts „Agua Zarca“ am Fluss Gualcarque, vorgeworfen wird. Am 17. Dezember erließ das Verfassungsgericht eine Verfügung, dass zehn der 16 Angeklagten sich nicht vor Gericht verantworten müssen. Der von Berta mitgegründeten und geleiteten Organisation COPINH und der Gemeinde Rio Blanco wird weiter das Recht verweigert, Nebenkläger in diesem Fall zu sein.(21)

Tropenstürme: „Sólo el pueblo salva al pueblo“

Im November attackierten der Hurrikan Eta und der Tropensturm Iota große Teile des Landes. Vor Eta und den begleitenden heftigen Regenfällen war eine Woche lang gewarnt worden, ohne dass die Regierung ausreichend Vorsorge getroffen hätte, rechtzeitig bedrohte Siedlungen zu evakuieren. Als Eta dann im Norden des Landes auf Land getroffen war, traten die Flüsse mit extremen Überschwemmungen über die Ufer, Brücken und Straßen wurden weggerissen, zahlreiche Menschen erst gerettet, als ihnen das Wasser schon buchstäblich bis zum Hals stand. In den ersten Tagen erreichten uns Berichte, dass Militär und Polizei Hilfseinsätze von Solidaritätsgruppen und NGOs behinderten. Besonders betroffen waren das Sula-Tal und Teile des Departements Progreso. Mediziner*innen kritisierten die fehlenden COVID-Schutzmaßnahmen in den Notherbergen, wo es an Abstand, Masken, Essen, Kleidung, schlicht an allem fehlte. Der Bevölkerung fehlte und fehlt weiterhin auch das Vertrauen in einen sinnvollen und gerechten Umgang der zugesagten Hilfsgelder. Während z.B. die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration BCIE 500 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern zusagte, verbreitete sich zum Slogan des Jahres: „Donde está el dinero?“ – Wo ist das Geld? ein zweiter: „Sólo el pueblo salva al pueblo.“ – Nur die Bevölkerung rettet die Bevölkerung.(22)

Plakat eines Protestes in München gegen das Megaprojekt "Tren Maya“.

Die indigenen Gemeinschaften hatten keine Möglichkeit, frei und gemäß ihren eigenen Entscheidungsstrukturen und -prozessen zu entscheiden, ob sie dem Megaprojekt zustimmen, wie das Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation(14) im Lichte der internationalen Jurisprudenz zu indigenen Rechten interpretiert werden müsste. Die sogenannte “Konsultation” der indigenen Bevölkerung im Jahr 2019 umfasste jeweils nur eine informative und eine beratende Sitzung, an der die Behörden, sowie Angehörige der indigenen Gemeinschaften teilnahmen.

Das Projekt ist zwar im Nationalen Entwicklungsplan (Plan Nacional de Desarrollo PND) enthalten, die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung wurde allerdings erst Mitte 2020 veröffentlicht.

Einige kritische Positionen zum Projekt Tren Maya, die vom mexikanischen Zentrum für Umweltrecht (Centro Mexicano de Derecho Ambiental) dargelegt wurden, lauten wie folgt: