Aktuelle politische Situation Nicaraguas

August 2009
Mit dem Sieg Daniel Ortegas bei den Präsidentschaftswahlen im November 2006 gelang es der FSLN nach sechzehn Jahren die Macht zurück zu erobern. Dieser Sieg ist aber nur zum Teil zu verstehen als eine Antwort auf die neoliberale Politik der rechten, korrupten Parteien, die sich sechzehn Jahre lang die eigenen Taschen gefüllt hatten. Weit mehr ist es die Frucht der geschickten Strategie des Paktesder FSLN mit der PLC, der Partei des ehemaligen liberalen Präsidenten Arnoldo Alemán, der wegen Korruption und Geldwäsche zu 20 Jahren Haft verurteilt worden ist. Da die Regierung keine Mehrheit im Parlament hat, stützt sich Ortega auch weiterhin auf den Pakt mit Arnoldo Alemán. Die zweite verlässliche Fundament der sandinistischen Regierung ist die großzügige wirtschaftliche Unterstützung durch Venezuela.
Sich abstützend auf diese beiden Säulen hat die FSLN unter Ortega bisher nur ein Ziel im Auge: den Erhalt und den Ausbau der errungenen Macht. Dabei konzentriert sich die Macht in der FSLN immer stärker auf die Person des Präsidenten und seine Familie. Die Rolle, die Daniel Ortegas Ehefrau Rosario Murillo entgegen den verfassungsrechtlichen Bestimmungen in der aktuellen Regierung spielt, und Ortegas Ambitionen, die Verfassung zu ändern um sich eine Chance zur Wiederwahl zu verschaffen, sind klare Belege dafür. Wichtige Mittel zum Ausbau der Macht sind die CPC, die neuen Bürgerräte, und der massive Druck, mit dem Staatsangestellte zum Eintritt in die FSLN gedrängt werden. Andere Methoden des Machterhalts sind altbekannt: Mit den Starken, wie mit der PLC im Parlament und dem IWF auf der internationalen Ebene, wird verhandelt und gegenüber den Schwachen spielt die FSLN bedenkenlos ihre Macht aus. Letzteres mussten z. B. die kleinen Parteien MRS und PC erfahren, als sie im Jahr 2008 nicht zur Gemeindewahl zugelassen wurden. Proteste gegen diese Art der Politik, die vor allem aus dem Bereich der Nichtregierungsorganisationen kommen, werden, mit Gewalt erstickt oder juristisch kriminalisiert. Am schärfsten betroffen ist die nicaraguanische Frauenbewegung, die sich gegen das von der FSLN zu verantwortende generelle Abtreibungsverbot wendet, das seit 2006 in Kraft ist. Andererseits konnten große Teile der Gesellschaft durch klientelistische Vergabe von Hilfsleistungen und anderen  Erleichterungen in die Machtstruktur der FSLN eingebunden werden. All dies hat die nicaraguanische Bevölkerung extrem polarisiert, was sich mit den Gemeindewahlen vom November 2008 weiter verschärfte. Dabei kam es ganz offensichtlich zu Wahlfälschungen zu Gunsten der FSLN. Die internationalen Reaktionen darauf, Abstriche bei der Entwicklungshilfe durch die USA und Einschränkungen bei der Budgethilfe durch europäische Staaten haben zu großen Haushaltsproblemen geführt und prägen damit die aktuelle politische Situation.
Aber Politik wird auch in Nicaragua nicht nur in den Parteien gemacht. Eine Vielzahl von Organisationen engagiert sich in Fragen der Menschenrechte, Umweltproblemen, Genderthematik und im Kampf gegen die neoliberale Politik der Freihandelsverträge. Dabei sind es vor allem enttäuschte SandinistInnen, die sich für ihre Ideale außerhalb der FSLN weiterhin engagieren, aber dabei immer häufiger mit der Regierung in Konflikt geraten.

 

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