Spionage in Mexiko: Aufruf für die Einrichtung einer internationalen Kommission

Mitglieder des europäischen Parlaments, der Abgeordnetenkammer in Spanien, des deutschen Bundestages und Organisationen der internationalen Zivilgesellschaft fordern die mexikanische Regierung auf, eine internationale Kommission zu gründen

 

München, Deutschland, 13. Juli 2017

Enrique Peña Nieto, Präsident der Vereinigten Staaten Mexikos

Miguel Ángel Osorio Chong, Innenminister

Raúl Cervantes Andrade, Generalstaatsanwalt 

Hiermit drücken die Unterzeichnenden ihre große Sorge aus angesichts der in den letzten Wochen bekannt gewordenen Überwachungsmanöver bei Menschenrechtsverteidigern, Journalisten und Aktivisten. Diese Woche ist nun bekannt geworden, dass auch Mitglieder der „Interdisziplinären Gruppe Unabhängiger Experten“ (Grupo Interdisciplinario de Expertos Independientes, GIEI) sowie ihr Technischer Sekretär überwacht wurden, was dem Ganzen die Krone aufsetzt, da diese Personen von der mexikanischen Regierung eingeladen und von der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (IAKMR) entsandt worden waren, um zur Aufklärung in einem Fall beizutragen, der das Land und die ganze Welt aufgeschreckt hatte: das gewaltsame Verschwinden der 43 Lehramtstudenten von Ayotzinapa.

Hier gilt es zu betonen, dass der Fall Ayotzinapa auch 32 Monate nach dem Verschwinden der Studenten immer noch nicht aufgeklärt ist. In diesem Zusammenhang stellt der Überwachungs-Versuch gegen die GIEI eine Einmischung in ihre Mission dar, nämlich die Aufklärung des Falls, die Suche nach den verschwundenen Studenten sowie die Begleitung der Angehörigen. Als die Gruppe das Land verließ, gab sie die Empfehlung ab, einen Verfahren zu schaffen, um ihren Empfehlungen Folge leisten zu können; diese Instanz wurde von der IAKMR in Übereinstimmung mit der mexikanischen Regierung geschaffen. Das Verfahren zur Weiterverfolgung des Falls Ayotzinapa sollte eine Einschätzung und Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen abgeben.

Gemäß den Untersuchungen von „Citizen Lab“ von der Universität Toronto (Kanada) wurden die Mobiltelefone der betroffenen Personen mit Hilfe der Malware „Pegasus“ überwacht; diese Malware wird von dem Unternehmen NSO hergestellt und wird laut dem Unternehmen nur an Regierungen und Regierungsinstanzen verkauft, mit dem einzigen Ziel, geheimdienstlich gegen die Organisierte Kriminalität und den Terrorismus vorzugehen. Die mexikanischen Gesetze wiederum erlauben es nur mit einer Genehmigung eines Bundesrichters Telefone zu überwachen. Es liegen keine Informationen darüber vor, ob es bei den in dem Bericht erwähnten Telefonen eine solche Autorisierung irgendeines Bundesrichters gab.

Es ist bekannt, dass zumindest das Innenministerium, das Ministerium für Verteidigung und das Ministerium für Marine als auch die Generalstaatsanwaltschaft (PGR) diese Malware erstanden haben. Da die Generalstaatsanwaltschaft zuständig für die Untersuchungen ist, ist eine unparteiische, gründliche und höchst transparente Untersuchung vonnöten. Mit anderen Worten: Eine interne Untersuchung würde auch Ermittlungen gegen die Behörde selbst erfordern.

Besonders alarmierend ist die Tatsache, dass sich das Überwachungsmanöver gegen die Mitglieder der GIEI richtete, die doch während ihrer zwei Mandatszeiten in Mexiko eigentlich diplomatische Immunität genossen; außerdem war in dem Abkommen von der IAKMR und der mexikanischen Regierung vereinbart worden, dass „ihre Dokumente und Korrespondenzen unantastbar“ seien.

Die hier Unterzeichnenden unterstützen außerdem den Einspruch des Beauftragten der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, James Cavallaro: „Wenn sich diese Behauptungen bewahrheiten, ist dieser Fall schwerwiegend genug, um dazu eine internationale Untersuchungskommission zu bilden“; schließlich ist es schwierig zu bewerkstelligen, dass eine Untersuchung von Seiten der Regierung selbst glaubwürdig genug ist, um die enormen Zweifel zu zerstreuen, die berechtigterweise aufgekommen sind, vor allem angesichts des hohen Anteils von Verbrechen, die in Mexiko straflos bleiben.

Deswegen ersuchen wir die mexikanische Regierung und andere betroffene Instanzen, schnellstmöglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die genannte internationale Kommission zu bilden, wobei gilt, dass die Offenheit für internationale technische Unterstützung kein Zeichen für Schwäche ist, sondern die Bereitschaft zeigt, den Rechtsstaat weiterzuentwickeln und zu stärken.

Wir verbleiben mit den besten Grüßen und betonen erneut unsere Bereitschaft, alles zu unternehmen, um den Rechtsstaat zu stärken, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen und gegen die Straflosigkeit vorzugehen.

Mitglieder des europäischen Parlaments

Barbara Lochbihler, Grüne Deutschland

Marina Albiol, IU Spanien

Lola Sanchez Caldentey, PODEMOS Spanien

Florent Marcellesi, Grüne Spanien

Bart Staes, Verdes Belgien

Josep-María Terricabras, Grüne Spanien

Estefanía Torres Martinez, PODEMOS Spanien

Ulrike Lunacek, Grüne Österreich. Vicepresidenta del Parlamento Europeo

Molly Scott Cato, Grüne England

Philipppe Lamberts, Grüne Belgien

Tania González, PODEMOS Spanien

Miguel Urban, PODEMOS Spanien

Xabier Benito; PODEMOS Spanien

Ernest Urtasun, Grüne España

Mitglieder der Abgeordnetenkammer in Spanien

Pablo Bustinduy

Sònia Farré i Fidalgo

Eva García Sempere

Mitglieder des deutschen Bundestages

Heike Hänsel, Die Linke

Andrej Hunko, Die Linke

Schwabe Frank, SPD

Organisationen der internationalen Zivillgeselschaft

Initiative Mexiko Köln/Bonn

Initiative Mexiko Hamburg

Pacta Servanda

Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit

 

CC: Außenministerien von Deutschland und Mexiko, IAKMR, UNO-Menschenrechte Mexiko, Europäisches Parlament, Unterausschuss für Menschenrechte des Europäischen Parlaments, Deutscher Bundestag, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages, Parlamentsgruppe Mexiko-Deutschland

Brief in PDF

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