Bestechung und Schutz: Der Präsident von Honduras und die Drogenmafia

Neue Ermittlungsergebnisse der US-Justiz zeigen enge Verbindungen und Zusammenarbeit des amtierenden Präsidenten mit Drogenkartellen

Von Andrea Lammers
amerika21

New York. Das Wahljahr 2021 beginnt für den honduranischen Präsidenten Juan Orlando Hernández ungünstig: Ein neues Dokument der Staatsanwaltschaft des Southern Distrikt von New York enthüllt weitere Verstrickungen des amtierenden Staatschefs mit Drogenkartellen aus den Jahren 2013 und 2014.

Demnach soll Hernández unter anderem Drogentransporte durch Honduras und ein Drogenlabor in der Hafenstadt Puerto Cortés an der honduranischen Atlantikküste von Polizei und Militär schützen lassen und dafür mehrfach mehrere Zehntausend Dollar an Schmiergeldern eingestrichen haben. Außerdem habe er Wahlkampfspenden aus Drogengeldern eingeworben und vor Zeug:innen über die Veruntreuung von Geldern aus der Sozialversicherung zugunsten seiner Nationalen Partei gesprochen. Er soll geprahlt haben, man werde den USA vorgaukeln, den Drogenhandel zu bekämpfen, in Wahrheit aber das Kokain "den Gringos in die Nase stopfen".

Neu ist, dass auch der Name des Generalstaatsanwalts des mittelamerikanischen Landes in den juristischen Dokumenten auftaucht: Hernández habe Oscar Fernándo Chinchilla, der das Amt auch heute innehat, angewiesen, die illegalen Aktivitäten zu schützen und eine Strafverfolgung zu verhindern.

Das 49-seitige Memorandum der New Yorker Staatsanwaltschaft ist Teil der Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens gegen den mutmaßlichen honduranischen Drogenhändler Geovanny Fuentes Ramírez, dem unter anderem auch fünf Morde zur Last gelegt werden.

Juan Orlando Hernández' Bruder, Juan Antonio (Tony) Hernández, wurde im Oktober 2019 von einem New Yorker Gericht wegen Drogenhandels in großem Stil verurteilt. Die Verkündung des Strafmaßes wurde das ganze Jahr 2020 über immer wieder verschoben und soll nun in Kürze stattfinden.

Der Prozess gegen Tony Hernández brachte ans Licht, dass Präsident Hernández als Mit-Verschwörer ("Co-Conspirator") CC-4 mindestens eine Million US-Dollar vom ehemaligen Chef des Sinaloa-Kartells, Joaquín Guzman, erhalten haben soll. Das jüngste Memorandum der Staatsanwaltschaft greift dies noch einmal auf und kündigt Aussagen dazu in dem für März geplanten Prozess gegen Fuentes Ramírez an.

Honduras' Staatschef selbst streitet alle Anschuldigungen ab. Sie seien nichts weiter als Lügen von geständigen Kriminellen, die sich für ihre Auslieferung an die USA rächen wollten. Die Regierung von Präsident Donald Trump hatte Hernández bis zuletzt als geschätzten Allierten bei der Abwehr von Migrant:innen betrachtet.

Im von der größten humanitären Krise der letzten Jahrzehnte gebeutelten Honduras fragen sich Beobachter:innen, ob die Regierung von Joe Biden die geschwächte Regierung von Hernández weiter stützen wird und zu welchem Preis. Spekuliert wird auch über einen Putsch des Militärs, das unter Hernández stark an Einfluß gewonnen hat, im Bündnis mit einigen unzufriedenen Unternehmer:innen oder aber über einen autogolpe (Putsch von oben) von Hernández gemeinsam mit dem Militär.

Dass das Problem der Durchsetzung nahezu aller staatlichen Institutionen und erheblicher Teile der Wirtschaft in Honduras mit Strukturen des organisierten Verbrechens auch mit dem Rücktritt oder der Abwahl einer Person nicht zu lösen sein wird, zeigten bereits der von der Mission gegen Korruption und Straflosigkeit  aufgedeckte Fall "Narcopolitik" und Ende 2020 ein medial kaum beachteter Prozess in New York gegen den Drogenhändler Fredy Nájera, der wiederum als "Nebeneffekt" Verstrickungen von Hernández, aber auch von Politikern der Liberalen Partei aufdeckte.

In Honduras finden im November 2021 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt.

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