Länderbericht Mexiko


Die politische Situation und die Menschenrechtslage in Mexiko sind so komplex und vielfältig wie das Land selbst – aus diesem Grund ist es nicht unser Anliegen, eine flächendeckende Analyse der aktuellen Situation zu liefern. Wir werden uns auf die für unsere Arbeit wichtigsten Ereignisse konzentrieren.

Neoliberale Reformen der Regierung Peña Nieto


Wenn wir das erste Jahr der Regierung von Enrique Peña Nieto und die Rückkehr der PRI (Partido Revolucionario Institutional) als Regierungspartei in Mexiko in einen Satz zusammenfassen wollten, könnten wir schreiben: „Jahr der Ankündigungen und der Repression“.

Am 2. Dezember 2012, einen Tag nach dem Regierungswechsel, wurde der sogenannte Pacto por México unterzeichnet. Dieser Pakt sieht eine Reihe von Reformen vor, die nach Einschätzung unserer Partnerorganisationen vor allem zum Ziel haben, das neoliberale Wirtschaftsmodell zu vertiefen. Carlos Fazio, Professor der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) in Mexiko-Stadt und Publizist bei der Zeitung La Jornada, spricht von einer Übergabe der „Kronjuwelen“ Erdöl, Erdgas und Elektrizität an die sogenannten Kräfte des Marktes.

Die wichtigsten Inhalte des Paktes sind die Bildungs- und Energiereform. Dabei zielt die Bildungsreform nicht etwa auf eine Verbesserung der Lehre ab. Vielmehr handelt sich dabei um die Abschaffung arbeitsrechtlicher Errungenschaften der Lehrer_innen.  Eine bedenkliche Entwicklung, denn auch wenn die Lehrergewerkschaften als korrupt gelten, rechtfertigt das nicht, die Arbeitsbedingungen des Lehrpersonals systematisch zu verschlechtern, denn der Qualität der öffentlichen Bildung kann das nur schaden.

Die Energiereform wiederum zielt darauf ab, den Energiesektor für privates Kapital zu öffnen. Auch wenn die  Befürworter der Energiereform es dementieren, handelt es sich um eine schleichende Privatisierung des Sektors. Kritiker_innen fürchten vor allem, dass sich internationale Konzerne an der Erdölförderung beteiligen, die dann ihre Gewinne nicht wieder in Mexiko investieren sondern ins Ausland abziehen. Das ist vor allem deswegen bedrohlich, weil die Einnahmen des staatlichen Ölkonzerns Pemex das Rückgrat des sozialen Systems in Mexiko bilden, trotz Unregelmäßigkeiten und Korruption. Ähnliche Privatisierungs-Experimente in anderen lateinamerikanischen Ländern haben bewiesen, dass die erwarteten Investitionen und Dividenden für die öffentlichen Kassen ausgeblieben sind.
Nach Meinung des vielleicht bekanntesten Gegners der Energiereform, des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten der PRD (Partido de la Revolución Democrática) Cuauhtémoc Cárdenas, dient diese Reform den Interessen der amerikanischen und kanadischen Konzerne. Unter Cárdenas´ Vater, Lazaro, wurde die Erdölindustrie im Jahr 1938 verstaatlicht.

Repression gegen soziale Bewegungen


Die Pläne des Pacto pro México waren wie Öl im Feuer der ohnehin angeheizten Proteststimmung im Lande. Denn die Regierung ignoriert nicht nur die Meinung der Bevölkerung, sondern verspottet sie geradezu:  Am 19. Dezember bezeichnete der Abgeordnete Manlio Fabio Beltrones von der Regierungspartei PRI die Kritiker_innen als scheinheilige Nationalisten.
Die zahlreichen Proteste werden kriminalisiert und gewaltsam unterdrückt. Schon zur Amtsübername am 1. Dezember 2012 machte die neue Regierung deutlich, dass sie entschlossen ist, hart durchzugreifen. Da es während des Wahlprozesses viele Unregelmäßigkeiten gegeben hatte (siehe  Jahresbericht 2012), versammelten sich viele Menschen zu öffentlichen Protestkundgebungen gegen die Wahl von Enrique Peña Nieto. Es gab über hundert Verletzte und vierzehn Festnahmen.1  Die Kriminalisierung von sozialen Protesten und die stärkere Repression unter der PRI-Präsidentschaft zeigen sich noch an anderen Beispielen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Proteste zum 2. Oktober 2013, bei denen wie jedes Jahr an die Opfer des Massakers von Tlatelolco im Jahr 1968 erinnert wird. Während der Demonstration kam es zu willkürlichen Verhaftungen, Mitglieder unserer Partnerorganisation Menschenrechtszentrum »Miguel Agustín Pro Juárez«, die die Festnahmen dokumentiert haben, wurden von den Sicherheitskräften angegriffen.

Übergriffe

Dokumentation unerwünscht: Menschenrechtsverteidiger_innen demonstrieren gegen Übergriffe und werden selbst angegriffen.

 

Diese Situation stellt ein Novum dar und zeugt von einer Verschärfung der Repression in Mexiko. Denn die Übergriffe sind keine Einzelfälle, sondern Teil einer Strategie der Regierung. Laut einem Bericht der Zeitschrift Proceso wird im aktuellen Konzept der Polizer von Mexiko-Stadt sogar der Einsatz von Feuerwaffen bei Demonstrationen diskutiert.2
Die Regierungspläne zur Entwicklung des Landes ziehen weiterhin Menschenrechtsverletzungen nach sich. Selbst bei Projekten, die hier in Deutschland von progressiven Kreisen positiv betrachtet werden, werden die Rechte der Bevölkerung in Mexiko massiv missachtet.
Zum Beispiel im Isthmus von Tehuantepec, wo große Windparkanlagen errichtet werden sollen.3 Seit mehr als zwei Jahren hat das Ökumenische Büro Kontakt mit Kollektiven und Aktivist_innen aus dieser Region, die Situation dort verschlechtert sich zusehends. So wurde unser Mexiko-Referent im Januar Zeuge, wie Bettina Cruz, die sich gegen die Windparks engagiert, in ihrem Haus in Juchitan bedroht wurde; inzwischen hat sie wegen der Angriffe ihren Wohnort verlassen. Und sie ist nicht die einzige, die um ihre Unversehrtheit bangen muss. Am 1. August starb Héctor Regalado Jiménez. Er war im Juli angegriffen und mit sechs Schüssen verletzt worden. Die Aktivist_innen in Juchitan berichteten uns, dass die Angreifer Auftragskiller im Auftrag des spanischen Konzerns Gas Natural - Unión Fenosa seien. Zudem wurden die Täter von Polizisten begleitet, die zur Überwachung der Baustelle des Konzerns zugeteilt waren, der mexikanische Staat ist also zum Mittäter geworden.
Wir erwähnen hier nur beispielhafte Fälle von Verfolgung und Übergriffen auf Aktivist_innen, die ihre Stimme gegen Großprojekte in Mexiko erheben. Genauso wie im Isthmus von Tehuantepec sind zum Beispiel auch in Oaxaca die Gegner_innen von Bergbau- und Staudammprojekten der Repression ausgesetzt.

Tehuantepec

Frauen haben eine wichtige Rolle: Protest gegen Windparks auf der Landenge von Tehuantepec

 

Die kommunalen Menschenrechtsverteidiger_innen sind laut Marcos Leyva, Direktor unserer Partnerorganisation EDUCA aus Oaxaca, am verletzbarsten. Denn sie sind genau dort aktiv, wo die Menschenrechtsverletzungen geschehen, und befinden sich in der Regel auch noch in sehr abgelegenen Regionen. In Oaxaca gibt es pro Tag durchschnittlich vier Angriffe auf kommunale Menschenrechtsverteidiger_innen. Das Ökumenische Büro plant für die nächsten Jahre, diese Situation hier in Deutschland und Europa bekannt zu machen. Denn nicht selten stehen diese Aggressionen in Zusammenhang Aktivitäten von internationalen Konzernen, die ihre Zentralen teilweise in Europa und hierzulande haben.

Neben den Menschenrechtsverteidiger_innen leben auch Journalist_innen gefährlich. Mexiko ist zwar nicht mehr das riskanteste Land für diese Berufsgruppe, aber Übergriffe sind auf der Tagesordnung. Die Journalistin Lucy Sosa aus Ciudad Juárez erzählte uns, dass sie auf der einen Seite Attacken des sogenannten Organisierten Verbrechens fürchtet, welche in die Regel straffrei bleiben, so wie der Mord an ihrem Kollegen José Armando Rodríguez Carreón vor fünf Jahren.4 Andererseits muss sie sich auch vor dem Staat selber fürchten, denn sobald ein Bericht nicht gefällt, laufen in den Führungsetagen der Herausgeber die Telefone heiß. Häufig wird dann gedroht, keine offiziellen Anzeigen mehr zu schalten.Da diese aber eine wichtige Finanzierungsquelle für viele Zeitungen sind, unterwerfen sich die Redaktionen einer Art Selbstzensur. Lucy Sosa hat mit vier weiteren Kolleg_innen in Ciudad Juárez eine Netzwerk von unabhängigen Journalist_innen gegründet, damit sie ihre Berichterstattung freier gestalten können. Wir werden uns bemühen, dieses Projekt mit vergleichbaren Initiativen hier in Verbindung zu bringen.

Frauenmorde


Das Ökumenische Büro gehörte mit zu den ersten, die das Thema Frauenmorde in Mexiko hier in öffentlich bekannt gemacht hat. Uns freut es sehr, dass heute viele Organisationen, Kollektive und Einzelpersonen sich um dieses Thema kümmern, so haben wir eines der Ziele unserer Kampagne „Ni una más“ erreicht. Dies ist aber kein Grund, bei unseren Anstrengungen nachzulassen, denn das Problem ist in Mexiko weiterhin gravierend.
Im Jahr 2009 erreichten Angehörige der ermordeten Frauen einen Meilenstein in ihrem Kampf gegen die Straflosigkeit, der mexikanische Staat wurde vom Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof im Fall „Campo Algodonero“ verurteilt.5 Doch obwohl das Urteil rechtlich bindend ist, wurden bisher nur wenige Punkte daraus vollständig erfüllt. Insbesondere die Verpflichtung, dass sich solche Fälle nicht wiederholen dürfen, ist nicht eingehalten worden, denn in Mexiko werden weiterhin Frauen ermordet, nur weil sie Frauen sind. Das Comité de América Latina y el Caribe para la Defensa de los Derechos de las Mujeres (CLADEM) hat im Mai deutlich auf die Nichteinhaltung des Urteils hingewiesen.6
Nächstes Jahr werden wir in Zusammenarbeit mit der Theatertruppe Telón de Arena aus Ciudad Juárez auf das Thema aufmerksam machen, sie werden in April eine Tournee mit dem Stück „Justicia negada“ unternehmen.

Telón de Arena

Verweigerte Gerechtigkeit: Die Theatergruppe Telón de Arena kämpft weiter gegen die Straflosigkeit

 

Gesellschaftliche Gewalt


Nicht wenige Menschen hatten die Hoffnung, dass eine Regierung der PRI in der Lage sei, Stabilität für das Land zu garantieren. In Deutschland entstand für manche sogar der Eindruck, dass der sogenannte Drogenkrieg vorbei ist. Doch während der Dienstreise unseres Mexiko-Referenten erklärten unsere Gesprächspartner_innen von verschiedenen Organisationen und Kollektiven, dass der Unterschied zur Calderon-Regierung vor allem darin besteht, die Gewalt nicht in den Medien präsent zu machen; die Zahl der Morde, Hinrichtungen, Entführungen und Verschwundenen ist nicht  wesentlich zurückgegangen.
Die Kommunikationsstrategie der Regierung, das Problem einfach totzuschweigen, macht gerade bei der Problematik der Verschwundenen die Situation noch schwieriger. Denn selbst wenn die Sicherheitskräfte des Staates nicht beteiligt wären, wäre der Staat für die Verschwundenen verantwortlich, betonen Angehörige. Denn der Staat kann die Sicherheit seiner Bürger_innen nicht gewährleisten.

Armut und soziale Situation


Die Armut in Mexiko hat zugenommen, berichtet das Instituto Tecnológico de Monterrey, einer der renommiertesten Privatuniversitäten des Landes.7  Für das erste Jahr der Regierung von Peña Nieto liegen noch keine Daten vor, doch angesichts der Vertiefung der neoliberalen Reformen haben wir wenig Hoffnung auf eine Kehrtwende.

Guerrero

Arbeitende Kinder aus Guerrero als Tagelöhner in der Landwirtschaft im Norden von Mexiko

 

Die Region Montaña im Bundesstaat Guerrero zum Beispiel ist eine der ärmsten in Mexiko. Die Bevölkerung - mehrheitlich Indigene - kann nicht vom saisonalen Anbau von Mais und Bohnen leben. Ganze Familien fahren in die großen Agrarregionen in den nördlichen Bundesstaaten, wie Sinaloa oder Sonora, und lassen sich als landwirtschaftliche Tagelöhner_innen anheuern. Die Arbeitsbedingungen sind miserabel, Rechte werden nicht respektiert. Seit Jahren unterstützen unsere Partner_innen vom Centro Tlachinollan die Arbeit des Rates der landwirtschaftlichen Tagelöhner_innen (Consejo de Jornaleros Agrìcolas de la Montaña), beraten sie in Rechtsangelegenheiten und setzen sich dafür ein, diese vergessene Migration bekannt zu machen. Wir haben beschlossen, diese Situation hierzulande zu thematisieren. Für nächstes Jahr planen wir eine Rundreise mit einem Angehörigen des Rates der Tagelöhner_innen und einem Mitglied von Tlachinollan.

Tribunal Permanente de los Pueblos und UNO-Beobachtung in Mexiko


Im Jahr 2013 hat sich das Ökumenische Büro mit den Initiativen Tribunal Permanente de los Pueblos (Permanentes Tribunal der Völker, TPP) und dem Universal Periodic Review-Verfahren der UNO (UPR) befasst.

TPP

TPP

 

Das TPP wurde 1979 in Italien gegründet. Es steht in der Nachfolge der Russell-Tribunale, die von 1966 bis 1967 die US-Verbrechen im Vietnamkrieg aufarbeiteten, später über die lateinamerikanischen Diktaturen Gericht hielten und in den siebiziger Jahren auch die politische Repression in der BRD untersuchten. Dem Tribunal gehören 130 oft hochrangige Mitglieder aus aller Welt an. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, als ständige Instanz den Opfern von Menschenrechtsverletzungen eine Stimme zu geben und begangene Verbrechen sichtbar zu machen.  Seit seiner Gründung hat das TPP in verschiedenen Ländern insgesamt 35 Sitzungen durchgeführt.

Die Urteile des TPP haben keinen bindenden Charakter, vielmehr wird es als Ethik- oder Gewissenstribunal bezeichnet. Immer dann, wenn die Versuche der kollektiven und individuellen Opfer scheitern, ihre Rechte vor staatlichen Instanzen einzuklagen, sieht sich das Tribunal gefordert. Es geht dabei um eine Hilfestellung, „damit die Wahrheit ans Licht kommt“, wie es TPP-Mitglied Philippe Texier in Mexiko ausdrückte.  In diesem Sinne versteht sich das Völkertribunal auch als ein potenzielles Instrument für soziale Bewegungen, das Schweigen zu durchbrechen.8 

Im Jahr 2011 hat das TPP ein Tribunal zu Mexiko eröffnet, angeklagt ist der mexikanische Staat, im Rahmen von Freihandelspolitik, Drogenkrieg und Straflosigkeit grundlegende Menschenrechte der Bevölkerung in Mexiko verletzt zu haben. Nächstes Jahr soll das abschließende Urteil gesprochen werden. Das Ökumenische Büro wird das Organisationskomitee des TPP in Mexiko unterstützen und seine Anliegen hier in der BRD in die Öffentlichkeit tragen.

Ein anderes Verfahren, bei dem der mexikanische Staat für seine Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehen wird, ist das UPR-Verfahren (Universal Periodic Review  der UNO). Es ist als zwischenstaatliches Instrument an den Menschenrechtsrat der UNO angeschlossen. Im Engagement der mexikanischen Zivilgesellschaft in diesem Prozess sehen wir einen wichtigen Beitrag auf der Suche nach Auswegen aus der Krise. Fast vierzig Organisationen (und darüber hinaus auch die mehr als siebzig Mitglieder des Netzwerkes „Alle Rechte für Alle“, die indirekt an dem Prozess teilgenommen haben) haben für das UPR-Verfahren einen gemeinsamen Bericht über die Lage der Menschenrechte in Mexiko herausgeben und Vorschläge für Empfehlungen und Fragen an den mexikanischen Staat erarbeitet. Dies zeugt von einem bedeutenden Organisationsprozess.

 

20 Jahre zapatistischer Aufstand

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„Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution!“ Niemand hat Emma Goldman besser verstanden als die Zapatistas.


Es gibt ein Ereignis, das wir auf keinen Fall vergessen wollen. Vor 20 Jahren, am 1. Januar 1994, parallel zum Inkrafttreten des Freihandelsabkommens von Nordamerika (NAFTA), erhoben sich die zapatistas in Chiapas. Nichts blieb wie es war. Wir mussten uns an ganz neue Begriffe gewöhnen, wie „gehorchend regieren“, „für eine Welt, in die viele Welten passen“  und „ya basta“. Über diese 20 Jahre wird dieser Tage viel geschrieben.  Die zapatistas haben wie kaum eine andere Guerrilla den Satz von Emma Goldman verstanden: „Wenn ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution“. Deswegen wird unsere erste Aktivität des Büros im Jahr 2014 die Rundreise „Toda música es política – Jede Musik ist Politik – Zapatismus und Musik“ sein.
Seien wir ehrlich, wer hat am 1. Januar 1994 gedacht, dass wir den 20. Jahrestag des Aufstandes feiern werden; ich nicht... ach, wie schön dass ich mich geirrt habe.
FELIZ CUMPLE COMPAS!!!

 

Aktivitäten des Ökumenischen Büros zu Mexiko

 

Rundreisen und Begleitung von Aktivist_innen in Europa


Um die Arbeit unserer Partnerorganisationen aus Mexiko für das Universal Periodic Review (UPR)-Verfahren des UN-Menschenrechtsrates (siehe) zu unterstützen, organisierten wir eine Rundreise mit Vertreter_innen von vier mexikanischen Menschenrechtsorganisationen. In zahlreichen Gesprächen in Brüssel, Berlin, Prag, Genf, Bern, Wien und London stellten die vier den NGO-Bericht über die Menschenrechtssituation in Mexiko für das UPR-Verfahren vor und präsentierten einen Fragen- und Empfehlungskatalog. In Genf trafen sie auf die Delegationen der Länder, die nicht besucht werden konnten, aber für eine aktive Teilnahme in den UPR-Sitzungen bekannt sind.
Die Reise stellte einen großen organisatorischen Aufwand dar – die Kosten konnten wir Dank der Solidarität vieler Menschen niedrig halten, welche uns Unterkunft gewährten. Arbeit und Aufwand haben sich gelohnt, denn die Vorschläge der mexikanischen Organisationen wurden von jeder Delegation, die wir kontaktiert haben, aufgenommen. Wir werden weiter gemeinsam dafür arbeiten, dass der mexikanische Staat alle Empfehlungen akzeptiert und uns dafür einsetzen, dass diese dann auch umgesetzt werden.

Bettina Cruz

Bettina Cruz bei den Protesten gegen den Klima-Gipfel in Kopenhagen 2011

 

Die Copenhagen Initiative für Zentralamerika und Mexiko (CIFCA) und andere Organisationen veranstalteten im März 2013 im Europaparlament ein Forum zur Evaluierung der sogenannten LIFE- Projekte - eines Finanzinstruments der EU zur Förderung von Umweltmaßnahmen. Bettina Cruz, Aktivistin aus Juchitan und Mitglied der Versammlung der Indigenen Völker der Landenge von Tehuantepec zur Verteidigung von Land und Territorium  (Asamblea de Pueblos Indígenas del Istmo de Tehuantepec en Defensa de la Tierra y el Territorio) wurde eingeladen, um über die Folgen der Errichtung der Windparkanlagen für die Region zu berichten. Wir begleiteten Bettina nach Genf und arrangierten für sie Treffen mit Mitarbeiter_innen  verschiedener Berichterstatter_innen und Arbeitsgruppen des Menschenrechtsrates der UNO. Cruz machte deutlich, dass die Bevölkerung im Isthmus von Tehuantepec nicht gegen die Windenergie an sich opponiert, sondern gegen der Verletzung ihrer Rechte, die durch den Aufbau der Windparks begangen wird.

Durchgefallen

Durchgefallen: Mexiko vor dem UN-Menschenrechtsrat

 

Dienstreisen des Mexiko-Referenten nach Mexiko


2013 reiste unser Mexiko-Referent Daniel Tapia zwei Mal nach Mexiko. Im Januar besuchte er Mexiko-Stadt, Ciudad Juárez, Oaxaca-Stadt, Juchitan in Oaxaca und Tlapa in Guerrero.  Wichtig war insbesondere der Austausch mit Organisationen, die den Bericht der Zivilgesellschaft für das UPR-Verfahren erstellten. Unser Referent konnte Erfahrungen aus der ersten Runde des Verfahrens 2009/10 einbringen und die Rundreise  der mexikanischen Menschenrechtsverteidiger_innen planen, die schließlich im Juni im Zusammenarbeit mit der Mexiko-Menschenrechts-Koordination organisiert wurde (siehe oben).

In Oaxaca traf Daniel Tapia Mitglieder der Organisation  Servicios para una Educación Alternativa (EDUCA) und  des Kollektivs C.A.C.I.T.A. (Centro Autónomo para la Creación Intercultural de Tecnologías Apropiadas)  die Unterstützung in der Vorbereitung einer Karawane durch Mittelamerika anfragten. Die Karawane hat das  Ziel, verschiedene Kämpfe  gegen  Megaprojekte  in der Region zu vernetzen. Wir vermittelten unseren mexikanische Partner_innen Kontakte des Ökumenischen Büros in Honduras, El Salvador und Nicaragua und werden sie auch im Fundraising für das Projekt unterstützen.
Presseerklärung gegen Morddrohungen an Bettina Cruz

In Juchitán wurde unser Mexiko-Referent Zeuge von Morddrohungen gegen die indigene Aktivistin  Bettina Cruz (siehe). Das Ökumenische Büro gab eine  Erklärung an die mexikanische Presse heraus, in der wir die Bedrohungen gegen die Aktivistin verurteilten, die Rolle der interessierten Konzerne als potentielle Anstifter derartiger Drohungen anprangerten und die Verantwortung der Regierung des Bundesstaats Oaxaca für die Wahrung der physischen und psychischen Unversehrtheit von Bettina Cruz anmahnten.

Erklärung zum fünften Jahrestag der Ermordung von José Armando Rodríguez

Eine weitere Presseerklärung veröffentlichte das Ökumenische Büro zum fünften Jahrestag der Ermordung von  José Armando Rodríguez Carreón, eines Journalisten aus Ciudad Juárez (siehe). Wir machten auf die  Straflosigkeit in diesem Fall aufmerksam und forderten die Behörden auf, den Journalist_innen Garantien für ihre Sicherheit und die Ausübung ihrer Tätigkeit zu geben.

Eine zweite Dienstreise im Oktober/November 2013 fand gemeinsam mit einer hauptamtlichen Mitarbeiterin der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko statt. Die Vertreter_innen der mexikanischen Partnerorganisationen des Ökumenischen Büros und der Mexiko Menschenrechtskoordination zogen Bilanz über das erste Jahr der Regierung  Peña Nieto und zeigten sich besorgt über die  Verschlechterung der Lage der Menschenrechte im Land. So berichtete Marcos Leyva, Direktor von EDUCA in Oaxaca, über eine Zunahme der  Übergriffe gegen Menschenrechtsverteidiger_innen. Er berichtete von durchschnittlich vier Angriffe am Tag im Bundesstaat Oaxaca. EDUCA gewinne seine Daten aus  Presseartikeln, die  Regierung führe keinerlei Register zu diesem Thema.
Weitere Stationen der Reise waren Juchitan und Tlaxcala. In Juchitan berichteten Mitglieder von Radio Totopo, einem freien, kommunitären Radio, über aktuelle Bedrohungen gegen Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen aufgrund ihrer Opposition gegen den Bau von Windparkanlagen  auf dem Isthmus von Tehuantepec (siehe). In Tlaxcala nahmen die beiden Reisenden an einerAnhörung des Permanenten Tribunals der Völker (siehe) zum Thema Umweltzerstörung teil.

Film und Diskussion mit Luz Kerkeling


Im Dezember zeigten wir in einer sehr gut besuchten Veranstaltung im Kafe Marat in München den Film „Wenn das Land zur Ware wird.“  und diskutierten mit dem Filmemacher Luz Kerkeling.

Das Kollektiv Zwischenzeit e.V. beschäftigt sich in diesem Film mit der Problematik des Landraubs in Chiapas. Dieser Raubzug richtet sich insbesondere gegen viele Menschen im Globalen Süden, deren Umwelt zum Nutzen anderer geplündert und verschmutzt wird. Damit einher geht die oft gezielte Zerstörung ihrer Lebensweise, die auf Selbstversorgung, Selbstorganisation und dem Versuch basiert, in Einklang mit der Natur zu leben. Der Film lässt betroffene Personen, widerständige Organisationen und auch Vertreter_innen aus Politik und Wirtschaft zu Wort kommen. Neben dem Widerstand der Bevölkerung zeigt der Film auch die Zusammenhänge zum Globalen Norden auf, denn die Nachfrage nach Palmöl, Biosprit und der Bedarf an exotischem Tourismus wachsen weiter.


 1    http://www.jornada.unam.mx/2012/12/02/politica/008n1pol
 2    http://www.proceso.com.mx/?p=355927
 3    http://www.oeku-buero.de/jahresbericht-2012/articles/laenderbericht-mexiko-891.html
 4    http://diario.mx/Local/2013-11-12_da99455f/a-5-anos-fiscalia-da-sexta-version-sobre-crimen-de-el-choco-asesino-esta-muerto/
 5    http://www.campoalgodonero.org.mx/condena
 6    http://alainet.org/active/63971&lang=es
 7    http://www.idic.mx/adminIdic/images_publicaciones/07_02_Semanal66_SexenioPobrezaenMexico.pdf
 8    http://www.ila-bonn.de/artikel/ila351/mexico_voelkertribunal.htm

 

 

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