Jahresbericht 2008:

Machtmissbrauch und Wohltaten Länderbericht Nicaragua

Das zweite Jahr der neo-sandinistischen Regierung Ortega bringt eine verstärkte Polarisierung der nicaraguanischen Gesellschaft in FSLNAnhängerInnen und -GegnerInnen mit sich. Dies hat seine Ursache in den deutlichen Verbesserungen für die Armutsbevölkerung einerseits und einer immer skrupelloseren Machtpolitik der FSLN andererseits. Die Zunahme von staatlicher Willkür und Repression stellt die sozialen Bewegungen Nicaraguas und auch die Solidaritätsgruppen hierzulande vor neue Herausforderungen.

Hilfe aus Venezuela: Ökonomische Möglichkeiten dank unsauberer Methoden

Dass die Regierung Ortega überhaupt wirtschaftlich und politisch handlungsfähig ist, verdankt sie entscheidend der großzügigen Unterstützung aus Venezuela. Die Mittel werden über die halbstaatliche Öl-Importgesellschaft ALBANISA geleitet, deren Vorsitzender der FSLN-Schatzmeister Francisco López ist. Bis zum Mai dieses Jahres sind dadurch laut offiziellen Angaben 520 Millionen Dollar an Mitteln freigeworden, was etwa der Hälfte des Staatshaushaltes entspricht. Die Regierung verwaltet dieses Geld außerhalb des Staatshaushaltes, ohne Kontrollmöglichkeit für das Parlament. Dass dabei Schulden auflaufen, die der nicaraguanische Staat zu tragen hat, wird von der Opposition bisher erfolglos kritisiert.

Dank dieses vergleichsweise großen Gesaltungsspielraums hat sich in Nicaragua einiges getan, wozu die neoliberalen Vorgänger-Regierungen offensichtlich weder willens noch ökonomisch in der Lage waren. Diese Verbesserungen werden in der hiesigen Berichterstattung unterbewertet, so der Eindruck der Brigade- Gruppe des Ökumenischen Büros, die Nicaragua im August des Jahres bereiste.

Zuvorderst ist der Ortega-Regierung die Beendigung der ca. 1 ½ jährigen Energiekrise anzurechnen, die durch die Lieferung von Erdöl und Turbinen aus Venezuela bewältigt werden konnte. Die Stromausfälle von bis zu 12 Stunden täglich, die Wirtschaft und Alltagsleben lahmlegten, gehören nun der Vergangenheit an. Weitere existenzielle Verbesserungen bestehen in der Priorisierung von Gesundheit und Bildung, zwei Anliegen, die in den vom Internationalen Währungsfonds (IWF) diktierten Staatshaushalten der vergangenen Jahre systematisch vernachlässigt wurden:

Die Gesundheitspolitik der FSLN besteht nicht nur in erhöhtem Mitteleinsatz für diesen Bereich, sondern auch in einem „aufsuchenden“ Ansatz, der die Einbeziehung von Bevölkerung und bestehenden zivilgesellschaftlichen Organisationen für Prävention und Aufklärung zum Inhalt hat.

Im Bildungsbereich war die Abschaffung jeder Art von Schulgeld und die Aufhebung der Uniformpflicht eine der ersten Maßnahmen der Regierung, die sich bereits in einem deutlichen Anstieg der Schülerzahlen äußert. Auch die Alfabetisierungskampagne für Erwachsene ist eine Maßnahme, die an die Politik der FSLN zu Zeiten der Revolution Anfang der 80er Jahre erinnert.

Maßnahmen dieser Art kommen der gesamten Bevölkerunge zugute, besonders aber den Armen, die sich private Gesundheits- und Bildungsversorgung, wie sie sich in den Jahren des Neoliberalismus herausgebildet hatte, nicht leisten können.

Andere Vorstöße der Regierung sind ambivalenter und kritischer zu betrachten. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Landwirtschaftspolitik, und auch hier ist die angestrebte Förderung der Kleinbauern ein begrüßenswerter Schritt gegenüber der einseitigen Ausrichtung auf Großproduktion und Weltmarktintegration der vergangenen Jahre. Faustino Torres von der weltweit tätigen Kleinbauernorganisation Via Campesina bestätigt, dass die Regierung sich verstärkt um die Förderung von Produktions- und Vermarktungskooperativen kümmere. Venezolanischer Kunstdünger wird landesweit stark verbilligt an KleinbäuerInnen verkauft. Ein weiterer Fortschritt sei die Initiative zur Vergabe von Landtiteln bei unklaren Besitzverhältnissen, die ein verbreitetes Problem in Nicaragua darstellen. Darüberhinaus benennt er die (Wieder-)Einrichtung des staatlichen An- und Verkauf-Systems für Grundnahrungsmittel ENABAS, das die Versorgung der Bevölkerung mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln zu garantierten Preisen sichert.

Verbreitet auf Kritik stößt das kostenaufwändige und entsprechend vollmundig angekündigte Armutsbekämpfungsprogramm Hambre Cero („Null Hunger“). Die im wesentlichen aus Nutztieren und Baumaterialien bestehenden Hilfspakete zielen darauf, die kleinbäuerliche Produktion und regionale Wirtschaft in Gang zu bringen. Die Leistung, die mit einem Wert von 1500 Dollar etwa zwei Jahresverdiensten eines Landarbeiters entspricht, wird landesweit an 75 000 Familien ausgegeben, eine Zahl, die etwa ein Zehntel der als arm eingestuften Haushalte ausmacht. Der Effekt ist also der einer unverhältnismäßigen Privilegierung Einzelner statt einer durchdachten und flächendecken Förderung der landwirtschaftlichen Produktion. Zudem gelangen die Ärmsten der Armen nie in den Genuss der Leistung: Sinnvollerweise ist der Besitz von 1 ½ Hektar Land Voraussetzung für die Zuweisung der Nutztiere. Landlose gehen also leer aus.

Bauern in der Region Matagalpa äußerten, es fehle dringender an einer Kreditversorgung für landwirtschaftliche Kleinbetriebe und an einer umfassenden Landreform. Andere staatliche Programme, wie Casas para el Pueblo (Wohnungsbau), Calles para el Pueblo (Straßenbau in Siedlungen) und Usura Cero (Kleinkredite), lassen hingegen Zweifel aufkommen, ob sie dem Ziel allgemeiner Entwicklung und sozialem Ausgleich dienen oder ob sie bereits als gezielte Belohnungen für die Parteitreue Einzelner angelegt sind.

All diese Aktivitäten werden begleitet von einer bisher ungekannten Propaganda-Offensive, die sich klassischer linker Slogans und christlicher Motive bedient. Im Juni verglich die Präsidentengattin Rosario Murillo das Handeln des Präsidenten mit dem von Jesus, und die Jungfrau Maria wird für die Parteiwerbung ebenso eingespannt wie Kardinal Obando y Bravo. Nicht alle folgen dem Präsidentenpaar in seiner Euphorie.

Kritische NGOs im Fadenkreuz einer parteitreuen Staatsanwaltschaft

Bereits zu Beginn der Amtszeit von Ortega führte das im Einklang mit den rechten Parlamentsfraktionen erlassene generelle Abtreibungsverbot zu vehementen nationalen und internationalen Protesten.

Die Frauenbewegung, eine der stärksten von der FSLN unabhängigen sozialen Bewegungen des Landes, lässt seitdem nicht locker. So wurden Ortegas Auftritte auf der internationalen Bühne immer wieder von Protesten der örtlichen Frauenorganisationen begleitet, was diesen Ende August sogar dazu brachte, seine Teilnahme an der Amtseinführung des paraguayischen Präsidenten Lugo unter einem Vorwand abzusagen. Darauf folgte eine Welle von Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft gegen 17 im Land ansässige NGOs, in ihrer Mehrzahl Frauenorganisationen, die der „Geldwäsche“ bezichtigt wurden. Sofia Montenegro vom Zentrum für Kommunikationsforschung CINCO schätzt den Vorstoß der Regierung als einen Vergeltungsakt Ortegas ein, weil die Frauenbewegung nicht mit Kritik am Abtreibungsverbot gespart habe und weiterhin den Vorwurf des Missbrauchs seiner Stieftochter Zoilamerica Narvaez gegen ihn richte. „Zudem geht es ihm darum, die Opposition beschäftigt zu halten, denn er strebt eine Verfasssungsänderung an, die ihm eine dritte Amtsperiode ermöglicht.“

Das Ökumenische Büro unterstützte die angeklagten NGOs mit einer Protestbriefaktion (siehe Seite 53).

Kurz vor den Kommunalwahlen Anfang November kam es dann zu einer überraschenden Kehrtwende. Die Regierung lud eine Reihe von NGOs, darunter auch die kriminalisierten, zu einem Runden Tisch ein, versprach die Aufhebung der Ermittlungen und bot eine politische Zusammenarbeit an. Sergio Saenz vom Movimiento Comunal de Matagalpa führt diesen Rückzug auf die unerwartet starken internationalen Proteste, u.a. durch die Vertretung der EU, zurück.

Das Sendungsbewusstsein der FSLN führt zum Abschied von der Demokratie und einer Welle von Gewalt

Dass der FSLN die Werte Demokratie und Verfassungstreue nicht mehr besonders wichtig sind, war bereits vor dem Amtsantritt Ortegas kein Geheimnis. So kann es auch wenig verwundern, wenn sie sich heute als die einzige rechtmäßige Vertretung des „geeinten“ Nicaragua versteht und die Macht in allen gesellschaftlichen Bereichen an sich reißt. Violeta Delgado von der Frauenorganisation MAM: „Wir bekommen hier so etwas wie die PRI in Mexiko“, d.h. eine Parteidiktatur mit linker Rhetorik. Dieser Prozess ging besonders gegen Ende des Jahres in atemberaubender Geschwindigkeit vonstatten. Einen ersten Höhepunkt der Empörung erlebte Nicaragua im Mai, als der von FSLN und der liberalen PLC kontrollierte Oberste Wahlrat (CSE) den beiden Parteien PC und MRS unter fadenscheinigen Begründungen die Zulassung zur Kommunalwahl im November entzog. Der politische Hintergrund der Maßnahme war offensichtlich, Folge waren breite nationale und internationale Proteste. In Managua gab es Massenmobilisierungen von bis zu 50 000 Personen, eine Zahl, die bisher nur die FSLN selbst hatte erreichen können. Dora Maria Téllez, eine ehemalige Guerillera und Führungsfigur der sandinistischen Erneuerungspartei MRS, trat in einen vielbeachteten Hungerstreik. Das Ökumenische Büro rief gemeinsam mit dem Informationsbüro Nicaragua zu einem Offenen Brief an den Wahlrat auf, der im September in der Tageszeitung El Nuevo Diario veröffentlicht wurde. Der Protest blieb jedoch ohne Erfolg: Eine Klage gegen den CSE vor dem Obersten Gerichtshof wurde von diesem bis über die Kommunalwahl hinaus verschleppt. PLC und FSLN hatten sich zweier missliebiger Konkurrenten erfolgreich entledigt.

Wichtiger als die institutionellen Gewalten von Wahlrat und Justiz aber ist in Nicaragua die Macht auf der Straße. Und auch hier hat sich in den Monaten vor der Wahl einiges verändert: Dafür sorgten die sogenannten Räte der Bürgermacht (CPC). Diese waren von Ortega und seiner Gattin Murillo als parteiunabhängige lokale Gremien zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung ins Leben gerufen worden. Heute gelten sie vielerorts als ein weiteres Machtinstrument in den Händen der FSLN. William Grigsby, Journalist beim kritisch- FSLN-nahen Radiosender La Primerisima: „Es gibt auch Fälle wie den einer Gemeinde im Departement Jinotega, wo der CPC von Liberalen dominiert wird, aber sie bilden eindeutig die Ausnahme.“

Die CPC verwalten anstelle der BürgermeisterInnen die Durchführung der staatlichen Sozialprogramme, sind aber vielerorts auch zu tatkräftigerer Unterstützung der FSLN bereit: Während der juristischen Verfolgung der NGOs empfingen sie deren VertreterInnen vor dem Gerichtsgebäude mit Schmährufen und Faustschlägen. In den Monaten vor der Wahl standen sie auf den Kreisverkehren Managuas in Gebetsgruppen unter dem Motto „Die Liebe ist stärker als der Hass“. Ende August organisierten sie eine Protestaktion vor dem TV-Sender Canal 2, die zur Streichung eines oppositionellen Magazins aus dessen Programm führte. Die Durchführung einer von der MRS organisierten Demonstration in León im September verhinderten sie unter Einsatz von Macheten und Baseballschlägern. Wie die Tageszeitung El Nuevo Diario berichtete, wurden für einige dieser „trabajitos“ (etwa: „kleine Aufträge“) Löhne von 150 Cordobas gezahlt – ein 2-3facher Tagesverdienst.

Bei verschiedenen weiteren Fällen von politischer Gewalt sind die Täter unbekannt. Kritische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wurden persönlich bedroht und angegriffen, so auch Sofia Montenegro von CINCO und Vilma Núñez vom Menschenrechtszentrum CENIDH. Auch im letzteren Fall beteiligten wir uns an einer internationalen Protestbriefaktion von amnesty international.

Der Abschreckungseffekt dieser Vorfälle bleibt nicht aus: Ulla Allgeier, Aktivistin des Netzwerks Otro Mundo Posible, erklärt: „Wer Kritik an Ortega hat, der muss sich heute überlegen, wem er die noch verraten kann.“

Monica Baltodano von der Bewegung zur Rettung des Sandinismus (MPRS) warnt davor, die Entwicklung zu unterschätzen: „Wir können zwar noch nicht von einer Diktatur reden. Die Justiz und der Wahlrat sind zwar völlig abhängig von der FSLN, aber es gibt noch ein unabhängiges Militär und einigermaßen freie Medien. Eine Diktatur fällt jedoch auch nicht vom Himmel. Sie muss aufgebaut werden. Somoza zum Beispiel hat in den 30er Jahren die Bevölkerung überzeugt, indem er eine fortschrittliche Arbeitsgesetzgebung und die Sozialversicherung einführte. Zur gewalttätigen Unterdrückung jedes Protestes, zu Folter und politischem Mord kam es erst später.“ Aus dieser Perspektive gesehen ist die Entwicklung innerhalb des Polizeiapparats von großer Bedeutung: Die amtierende nationale Polizeichefin Aminta Granera gilt als integer und politisch unabhängig. Die Ortega-Regierung bringt jedoch derzeit in der Führungsebene der Polizei eigene Vertraute unter, was zu einem Machtkampf innerhalb der Institution führt. Seit September blieben bei vielen gewalttätigen Übergriffen von FSLN-AnhängerInnen und CPC die Polizeikräfte untätig, obwohl sie sich in unmittelbarer Nähe befanden.

Der FSLN gelingt ein höchst umstrittener Kommunalwahl-Sieg

Zu ihrem vorläufigen Höhepunkt kamen die Auseinandersetzungen bei der Kommunalwahl Anfang November. Nach dem Ausschluss der Parteien PC und MRS erregte der Oberste Wahlrat ein weiteres Mal vehementen Protest, als er die Zulassung von nationalen und internationalen WahlbeobachterInnen verweigerte. Präsident Ortega rechtfertigte den Schritt: „Wir haben eine lange Erfahrung mit Wahlen, und welcher Wahlbeobachter könnte besser sein als der, der seine eigene Partei verteidigt?“ So wurden fast ausschließlich Wahlbeobachter der paktierenden Parteien FSLN und PLC zugelassen. Die Wahl geriet bereits im Vorfeld für viele zur Farce. Der linke Flügel der ausgeschlossenen MRS rief zur Abgabe ungültiger Stimmzettel auf.

So endete die Wahl in einem haushohen Sieg der FSLN, bei dem sich auch die PLC übervorteilt fühlte. Uneindeutige Aussagen des Wahlrats CSE und eine lange Reihe bekannt gewordener Unregelmäßigkeiten legen den Verdacht eines gezielten Wahlbetrugs seitens der FSLN sehr nahe. Dies führte zu einer Welle von Straßenprotesten, die die FSLN und den Obersten Wahlrat unter Druck setzten und die Polizei an den Rand ihrer Kräfte brachten. Schließlich konnten die AnhängerInnen der FSLN die Auseinandersetzungen durch den Einsatz von Steinen und selbstgebauten Mörsern für sich entscheiden. Der unglaubwürdige Wahlsieg wurde durch die Macht auf der Straße nachträglich „legitimiert“, sodass nun in 107 von 146 Landkreisen und Städten FSLNBürgermeisterInnen amtieren werden. Zuvor waren es 83. Zu der geforderten Neuauszählung der Stimmen kam es nicht.

Ein anderes Bild bietet sich in den ländlichen Gebieten des Nordens. Sergio Saenz vom Movimiento Comunal de Matagalpa: „Im Department Matagalpa hat die FSLN drei Landkreise hinzugewonnen und regiert jetzt in 11 von 15. Die Wahl ging hier weitgehend sauber und ohne Auseinandersetzungen vonstatten und wurde auch von der Opposition nicht in Frage gestellt. Das dürfte daran liegen, dass sich die Lebensbedingungen der Bauern doch spürbar verbessert haben.“

Tanz auf mehreren Hochzeiten: Ortegas Außenpolitik

Indessen verschärfen sich infolge des Wahldebakels die Sanktionen der nördlichen „Geberländer“, die über Entwicklungshilfe und Kredite Nicaragua zu einem beachtlichen Teil mit Devisen versorgen. Die USA haben ein großes Projekt auf Eis gelegt, Finnland ist ganz aus der Entwicklungshilfe für Nicaragua ausgestiegen. Es bleibt abzuwarten, wieviel Kompromissbereitschaft Ortega der Erhalt dieser Mittel wert ist. Dass infolge des sinkenden Ölpreises auch die Finanzhilfe aus Venezuela ein wenig nachlässt, könnte ihm zu denken geben. Andererseits dürfte eine gewisse Zaghaftigkeit von EU und USA daher rühren, dass man den Einfluss in der Region nicht an Venezuela, China und Taiwan verlieren will.

Die EU bereitet derzeit ein Assoziierungsabkommen mit den zentralamerikanischen Ländern vor, mit dem sie sich den Zugang zu den Märkten und Ressourcen der Region sichern will. William Rodriguez vom globalisierungskritischen Netzwerk Otro Mundo Posible: „Der EU geht es nicht um die Verbesserung der Handelsbeziehungen, sondern um einen Schachzug im Kampf um globale Hegemonie, besonders in den Bereichen Öffentliche Dienstleistungen und Patentierung von Pflanzenwirkstoffen.“

Für den Mai 2009 haben wir William zu einer Info-Rundreise durch Deutschland im Rahmen der Kampagne gegen das Assoziierungsabkommen eingeladen.

Während es also ungemütlich wird in Managua und Umgebung, bleibt man bei unserer Partnerorganisation in Matagalpa gelassen. Douglas Morán, Promotor des Movimiento Comunal im Landkreis San Isidro: „Ziel unserer Bewegung ist die Verbesserung von Selbstorganisation und der Lebensbedingungen der Armen. Um glaubwürdig zu bleiben, ist es wichtig, dass wir selbst parteiunabhängig bleiben und nur mit denjenigen Politikern zusammen arbeiten, die glaubwürdig die Interessen der Leute vertreten. Egal, in welcher Partei sie sind. Unsere Idee ist, dass wir selber so gut organisiert sind, dass die Politiker sich nach den Leuten richten und nicht die Leute den Politikern folgen.“

Und auch in Managua haben die oppositionellen Gruppen noch lange nicht aufgegeben. Sie geraten zwar unter Druck, wissen sich aber zu wehren. Die gute internationale Vernetzung der Frauenbewegung hat bereits zu beachtlichen Erfolgen geführt. Sofia Montenegro: „Die Gruppen der unabhängigen Solidaritätsbewegung in Europa sollten sich jetzt auf ihre politischen Prinzipien besinnen und die nicaraguanischen Organisationen bei der Verteidigung ihrer politischen Spielräume unterstützen.“

So fern es uns heute liegt, die Regierung Ortega zu unterstützen: Ihre Leistungen für die Bevölkerung gehen über die der neoliberalen Regierungen zuvor hinaus. Eine Solidaritätsarbeit, die die Verantwortung des Nordens für die Zustände im Süden beim Namen nennt, muss diese Tatsache ernst nehmen. Es waren die Regierungen der USA und Europas, die den Neoliberalismus in Nicaragua durchgesetzt haben, und die heute Ortega kritisieren. Nicht weil ihnen die Demokratie heilig wäre, sondern weil er sich ihrem Einfluss entzieht.
 

(ah)
Machtmissbrauch und Wohltaten Länderbericht Nicaragua
Erschienen im Jahresbericht 2008 des Ökumeninschen Büros
München
Dezember 2008

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