Gewerkschaften und Friedensprozess in Kolumbien

Gewerkschaftshaus München, Schwanthalerstr. 64, 80336 München, Großer Saal

Wie hat sich die Situation unter dem neuen Staatspräsidenten Iván Duque verändert?
Hat das Friedensabkommen zwischen Regierung und FARC-Guerilla zu bemerkenswerten Veränderungen geführt? Was kann man von Deutschland aus tun, um den Friedensprozess in Kolumbien zu unterstützen?

Wir diskutieren darüber mit  Luz Marina Díaz Jiménez, Vorsitzende der Handelsgewerkschaft "Unión de trabajadores y trabajadoras de grandes superficies del comercio en Colombia" und Mitglied des "Global Steering Comitee" des internationalen Dienstleistungsgewerkschaftsverbandes UNI Global Union.

Moderation: Harald Pürzel. Vorsitzender von ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bezirk München

Kurze Einleitung von Alejandro Pacheco Zapata. Unser Kolumbien Referent und Mitgründer von Aluna Minga

Musikalisches Intermezzo mit Ronny Sequeira


Eintritt frei. Spanisch mit deutscher Übersetzung

Infos auf Spanisch auf Facebook. Gerne auch zum Teilen und um Freunde einzuladen

Veranstalter*innen:

Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V. **
Aluna Minga e.V.
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bezirk München
Nord Süd Forum

Frau.Kunst.Politik
Casa Latinoamerica e.V.

**Eine Veranstaltung aus der Reihe "Perspectivas Diversas", gefördert durch Engagement Global mit Mitteln des

 

Warum hier in München eine Veranstaltung über die kolumbianische Gewerkschaftsbewegung?

Weil die Information über die aktuellen Entwicklungen in Kolumbien in den deutschen Massenmedien unzureichend ist. Weil wir die Situation der Gewerkschaften in Kolumbien anschaulich machen wollen und Kontakte herstellen wollen, um die Frage zu beantworten, was man von Deutschland aus zur Unterstützung der Gewerkschaften und des Friedensprozesses in Kolumbien tun kann?

Deutschland zeichnet sich durch gefestigte gewerkschaftliche Strukturen aus. Die Gewerkschaften haben sich die Anerkennung durch die Regierung erkämpft. In der deutschen Verfassung genießen der Respekt vor dem Leben und der Würde des Menschen Vorrang vor allem anderen. Durch den Austausch zwischen Kolumbien und Deutschland wollen wir das Verständnis für die innerkolumbianische wie internationale Bedeutung der Gewerkschaften und ihrer Arbeit fördern.

Insbesondere wollen wir zeigen, dass Gewerkschaftsarbeit notwendig ist, um die Angst zu besiegen. Wir wollen zeigen, dass gewerkschaftliche Kämpfe stattfinden, Kämpfe um Arbeits- und Menschenrechte. Und das diese dazu beitragen, eine friedliche Ordnung aufzubauen - nicht nur in Kolumbien.


Hintergrund
Laut der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organization) hat die Anzahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer im letzten Jahrzehnt siginifkant abgenommen und ist auf einem Niveau von weniger als 20 Prozent angekommen (1). In Kolumbien ist dies nicht nur auf zahllose Morde an Gewerkschaftsführern und -mitgliedern zurückzuführen, sondern auch auf andere Verletzungen gewerkschaftlicher Rechte wie die antigewerkschaftliche Diskriminierung, Verweigerung des Rechtes auf Tarifverhandlungen und durch Zerschlagung verschiedener gewerkschaftlicher Organisationen mittels Restrukturierungen, Liquidation oder Privatisierung im öffentlichen Sektor. Der Bericht Nr. 383 des ILO-Ausschusses für Vereinigungsfreiheit vom 3. November 2017 stellt zwar fest, dass Institutionen existieren, die geschaffen wurden, um das Recht auf gewerkschaftliche Vereinigungsfreiheit zu garantieren. Diese Institutionen verlangen aber nicht, dass die betroffenen Gewerkschaften bei Restrukturierungen, Stilllegungen und Privatisierungen vorab konsultiert werden. Außerdem reagieren sie nicht schnell und wirksam auf Eingaben, Beschwerden und Klagen wegen antigewerkschaftlicher Diskriminierung. Zudem arbeiten sie nicht effektiv daran, betroffenen Arbeitnehmern zu den ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen bei Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen oder Entlassungen und zu Entschädigungen bei ungerechtfertigten Entlassungen zu verhelfen.

Die gegen Gewerkschaften gerichtete Gewalt war und ist Teil des bewaffneten Konflikts in Kolumbien. Von 1973 bis heute hat die CUT (Central Unitaria De Trabajadores, ein Gewerkschaftsdachverband) mehr als 14.000 Verletzungen der Unversehrtheit und des Lebens von kolumbianischen Gewerkschaftern sowie 3.100 Morde an Gewerkschaftern erfasst. Auch nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit der FARC-Guerilla und obwohl die Zahl der der Verbrechen und Angriffe in Kolumbien deutlich abgenommen hat, bleiben Angriffe auf Führer sozialer Bewegungen, darunter Gewerkschaftsführer, allgegenwärtig. Laut CUT gab es 2017 24 Morde - und obwohl sich die Anzahl im Jahr 2018 verringert hat, wurden mehr als 18 Angriffe auf die Unversehrtheit ihrer Mitglieder berichtet, darunter Morde, Bedrohungen, Attentate und Mißhandlungen (2).

Gemäß der Vereinigung "Programma Somos Defensores" (Programm Wir sind Verteidiger, eine Nichtregierungsorganisation) sind am stärksten die Verteidiger von Menschenrechten mit Bezug zur Frage der gerechten Landverteilung und zu ethnischen Minderheiten wie indigener und afrokolumbianischer Bevölkerung betroffen. Die Situation ist zudem gekennzeichnet durch die Schwierigkeit, die Urheber dieser Morde zu identifizieren. Jedenfalls scheinen weiterhin paramilitärische und Drogenbanden für die Morde verantwortlich zu sein, wie zum Beispiel die "Autodefensas Campesinas de Colombia" (Bäuerliche Selbstverteidigungskräfte Kolumbiens, eine paramilitärische Vereinigung). Außerdem werden immer wieder Fälle bekannt, in denen anzunehmen ist, dass staatliche Sicherheitsorgane für die Morde an Führern sozialer Bewegungen verantwortlich sind (3).

Die Motive dieser Verbrechen sind noch immer die gleichen wie früher: Vor allem die Konflikte um Landnutzung, die lokale Machthaber zu verantworten haben, um das Streben nach neuen Formen politischer Beteiligung, um die Ausbeutung von Bodenschätzen oder anderen natürlichen Ressourcen, um Drogenanbau und -handel und um die Implementierung von Alternativen hierzu. Gleiches gilt dies für soziale Proteste, die als Gefahr für die bestehenden gesellschaftlichen Machtstrukturen gesehen werden (3). Die Ermordung von Gewerkschaftern sind auch eine Reaktion auf deren politische Unterstützung bestimmmter linker Bewegungen, denen von Seiten der Ultrarechten unterstellt wird, dass sie bewaffnete Gruppen unterstützen (4).

Quelle:

  1. ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---relconf/documents/meetingdocument/wcms_592689.pdf
  2. rcnradio.com/recomendado-del-editor/denuncian-asesinato-de-mas-de-3100-sindicalistas-en-los-ultimos-45-anos
  3. choco.org/documentos/informe-anual-2017-piedra-en-el-zapato.pdf
  4. www.economiainstitucional.com/pdf/No29/cechandiao29.pdf

Gewerkschaftshaus München

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