El Salvador: Jesuitenmorde von 1989 beschäftigen spanische Justiz

Von Edgardo Ayala– San Sal­vador 

Nach der Wei­ge­rung des Obersten Gerichts­hofs von El Sal­vador, die mut­maß­li­chen Mörder von sechs Jesuiten im Zusam­men­hang mit einem Aus­lie­fe­rungs­ge­such fest­zu­nehmen, wird den Mili­tärs in Abwe­sen­heit nun in Spa­nien der Pro­zess gemacht. Das Ver­fahren soll die Hin­ter­gründe des Mas­sa­kers von 1989 klären. Bis heute tut sich die sal­va­do­ria­ni­sche Justiz schwer damit, die wäh­rend des blu­tigen Bür­ger­kriegs began­genen Ver­bre­chen von 1980 bis 1992 zu ahnden.

Der Kon­flikt zwi­schen den Streit­kräften und Para­mi­li­tärs einer­seits und der Gue­rilla ande­rer­seits kos­tete 70.000 Men­schen das Leben, wei­tere 8.000 Per­sonen ‘verschwanden’.

»Der Fall wird in Spa­nien ver­han­delt, ob die Mili­tärs dort phy­sisch auf der Ankla­ge­bank sitzen werden oder nicht«, sagte Ben­jamín Cuéllar, der das Men­schen­rechts­in­stitut der Zen­tral­ame­ri­ka­ni­schen Uni­ver­sität José Simeón Cañas leitet. »Werden sie in Abwe­sen­heit ver­ur­teilt, dürfen sie es sich in einem 21.000 Qua­drat­ki­lo­meter großen Gefängnis bequem machen«, sagte Cuéllar in Anspie­lung auf die Größe des zen­tral­ame­ri­ka­ni­schen Landes.

Denn außer­halb El Sal­va­dors würden sie als Flüch­tige der inter­na­tio­nalen Justiz fest­ge­nommen. El Sal­va­dors Oberster Gerichtshof ver­wei­gerte am 24. August in einem umstrit­tenen Urteil die Fest­nahme der neun Armee­an­ge­hö­rigen, weil dem Haft­be­fehl kein Aus­lie­fe­rungs­ge­such beige­fügt war. Die Mili­tärs hatten zuvor in einer Mili­tär­basis im Osten des Landes Zuflucht gesucht, um ihrer vom spa­ni­schen Richter Eloy Velasco ange­ord­neten Ver­haf­tung durch Interpol zu entgehen.

Straf­frei­heit insti­tu­tio­na­li­siert

Dass sich die Ange­klagten auf ein Rechts­mittel berufen konnten, das ihnen ‘mili­tä­ri­schen Schutz’ gewährt, zeigt nach Ansicht poli­ti­scher Beob­achter die Schwäche der sal­va­do­ria­ni­schen Insti­tu­tionen im Umgang mit Men­schen­rechts­ver­letz­tern in Uni­form. »Das Urteil offen­bart die Insti­tu­tio­na­li­sie­rung der Straf­frei­heit«, kom­men­tierte Ima Gui­rola vom sal­va­do­ria­ni­schen Institut für Frauenforschung.

Vor dem Hintergrund einer Rebel­len­of­fen­sive gegen die Regie­rung des frü­heren rechts­ge­rich­teten Prä­si­denten Alfredo Cris­tiani (1989−1994) war die Armee­ba­taillon ‘Atla­catl’ 1989 in den Campus der Zen­tral­ame­ri­ka­ni­schen Uni­ver­sität José Simeón Cañas (UCA) ein­ge­drungen und hatte sechs anwe­sende Mit­glieder der katho­li­schen ‘Gesell­schaft Jesu’ erschossen.

Unter den Opfern waren der Rektor der Hoch­schule, der spa­ni­sche Jesui­ten­priester Ignacio Ella­curía, und seine eben­falls spa­ni­schen Ordens­brüder Ignacio Martín-​Baró, Segundo Montes, Amando López und Juan Ramón Moreno. Wei­tere Opfer des Anschlags waren der sal­va­do­ria­ni­sche Prälat Joa­quín López y López sowie die Uni­ver­si­täts­an­ge­stellte Elba Ramos und deren 16-​jährige Tochter Celina.
Für die dama­lige rechts­ge­rich­tete Regie­rung und Mili­tärs waren die Jesuiten und vor allem Ella­curía als Ver­fechter der Theo­logie der Befreiung – einer pro­gres­siven Strö­mung inner­halb der katho­li­schen Kirche, die sich für einen sozialen und poli­ti­schen Wandel zugunsten der armen Bevöl­ke­rung ein­setzte – Ideo­logen der Guerilla.

Die Mehr­heit der Mili­tärs, die nun in Spa­nien vor Gericht gestellt werden, hatte wäh­rend des Bür­ger­krieges Füh­rungs­po­si­tionen inne. So beklei­dete General Rafael Hum­berto Larios das Amt des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters, und Juan Rafael Bustillo war Chef der Luft­waffe. Für die Jesui­ten­morde werden sich ferner die Obersten Fran­cisco Elena Fuentes und Juan Orlando Zepeda, die Oberst­leut­nante José Ricardo Espi­noza Guerra und Gon­zalo Gue­vara Cer­ritos, die Feld­webel Antonio Ramiro Ávalos Vargas und Tomás Zár­pate Cas­tillo und der Soldat Mariano Amaya Gri­maldi zu ver­ant­worten haben.

Auf der Aus­lie­fe­rungs­liste des spa­ni­schen Rich­ters Velasco stehen zehn wei­tere Offi­ziere ein­schließ­lich des im Mai ver­stor­benen ehe­ma­ligen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ters René Emilio Ponce und des frü­heren Sicher­heits­mi­nis­ters Ino­cente Orlando Mon­taño, der am 23. August in den USA wegen Fäl­schung von Ein­wan­de­rungs­pa­pieren fest­ge­nommen wurde.

Langes und erfolg­loses Geplänkel

1991 hatte es im Zusam­men­hang mit den Jesui­ten­morden in El Sal­vador ein Ver­fahren gegen neun Armee­an­ge­hö­rige gegeben. Zwei der Ange­klagten wurden für schuldig befunden, im Rahmen des Amnes­tie­ge­setzes von 1993 jedoch wieder freigelassen.

Im Jahr 2000 wei­gerte sich der Oberste Gerichtshof, der Bitte der Gesell­schaft Jesu nach einer Fort­set­zung des Ver­fah­rens Folge zu leisten. Als Begrün­dung hieß es, dass nach zehn Jahren die Frist für eine recht­liche Wei­ter­ver­fol­gung des Falls abge­laufen sei und die beschul­digten Mili­tärs durch das Amnes­tie­ge­setz geschützt seien.

Ex- ​General Ernesto Vargas, ein Unter­zeichner des Frie­dens­ab­kom­mens von 1992, begrüßte die Ent­schei­dung. Hätte das Tri­bunal einer Fort­set­zung der Ver­fahren gegen die Mili­tärs zuge­stimmt, wäre dadurch das Frie­dens­ab­kommen unter­wan­dert worden. »Ohne die Amnestie wäre der Frie­dens­ver­trag nie zustande gekommen«, betonte er. »Sie ist der Preis, den wir für den Frieden zahlen mussten.«

Quelle: Womblog / IPS

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