Die Rolle der USA beim Militärputsch in Honduras: Sie wussten Bescheid und halfen ein wenig
Der derzeitige US-Botschafter in Tegucigalpa, Hugo Llorens, weiß dies sehr genau: Am 12. September 2008 kam er in das mittelamerikanische Land und neun Tage später erklärte der heutige Putschgeneral Romeo Vásquez im Sender HRN, sie hätten ihn kommen lassen, „um die Regierung des Präsidenten Zelaya Rosales rauszuschmeißen“. (1) Er fügte hinzu: Wir sind eine seriöse und respektvolle Institution, weshalb wir den Herrn Präsidenten respektieren wie unseren kommandierenden General und wir fügen uns, so wie es das Gesetz vorschreibt“. Genauso wie Pinochet bevor er sich gegen Salvador Allende erhob. Irgendeine Ähnlichkeit ist nur das Werk der Realität.
Am 2. Juni dieses Jahres fuhr Hillary Clinton zur Teilnahme an der Versammlung der OEA nach Honduras. Sie sprach mit Zelaya und zeigte ihm ihr Nichteinverständnis mit dem Referendum, das der Mandatsträger gleichzeitig mit den nächsten Präsidentenwahlen durchzuführen gedachte. Nordamerikanische Beamte wiesen darauf hin, dass „sie nicht glauben, dass dieses Plebiszit verfassungsmäßig sei“. (2) Sechs Tage vor dem Putsch informierte die honduranische Tageszeitung La Prensa, dass sich der Botschafter Llorens mit einflussreichen Politikern und Militärchefs traf, „um eine Lösung aus der Krise zu finden“, die durch das Referendum verursacht wurde .(3) Die gefundene „Lösung“ ist öffentlich bekannt.
Es ist schwierig, anzunehmen, dass die vom Pentagon bewaffneten und in der Escuela de las Américas - die so vielen lateinamerikanischen Diktatoren zeigte, wie es zu machen ist - ausgebildeten Militärbefehlshaber von Honduras, sich ohne die Zustimmung ihrer Mentoren in Bewegung gesetzt hätten. Übrigens verheimlichten die Putschisten die Gründe für ihre Handlung nicht: Zelaya näherte sich zu sehr dem „Kommunisten“ Chávez an, dem am meisten vom Weißen Haus gehassten Venezolaner: Im Juli 2008 trat Honduras unter seinem Mandat der Alianza Bolivariana para las Américas (ALBA) bei, der neuen „Achse des Bösen“ in Lateinamerika. Das ist zuviel, nicht wahr?
Zuviel, ja, denn Honduras ist strategisches Territorium für das Pentagon, das von dem Stützpunkt Soto Cano aus, auf dem Soldaten der US- Luftstreitkräfte und Infanterie stationiert sind, nicht nur Zentralamerika beherrscht: Diese wahrhaftige Enklave ist fundamental für eine an natürlichen Bodenschätzen reiche Region im militärischen Schema der USA. Obwohl er weder die Interessen der ausländischen Korporationen noch der lokalen wirtschaftlichen Machthaber berührte, stellte Zelaya eine Gefahr der „Destabilisierung“ dar. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Referendum über die Einberufung oder Nichteinberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung, die eine Wiederwahl Zelayas erlauben könnte, nicht bindend war. Niemand regte sich in Washington über die Verfassungsreform auf, die in Kolumbien die Wiederwahl Álvaro Uribes, dem großen Alliierten der USA, erlaubte, die nicht einmal ein Plebiszit war. Das ist natürlich eine Sache und hier ist das selbstverständlich etwas anderes.
Die honduranischen Putschisten sind nicht präsentabel.
Der General Romero Vásquez Velásquez, von Zelaya entlassen, mit dem Putsch zurückgekehrt und Urheber der Geiselnahme und Ausweisung des Präsidenten, wurde 1993 in der nationalen Strafanstalt gemeinsam mit zehn weiteren Mitgliedern einer Bande untergebracht und des Raubes von 200 Luxusautos angeklagt (4). Damals war er Major der Armee; als General widmet er sich dem Raub einer an den Wahlurnen gewählten Regierung. Ein weiterer nicht Präsentabler ist der beratende Minister Billy Joya, der seinem Nachnamen (Joya = Juwel) keine Ehre macht (oder doch, je nach Standpunkt): Er war der Chef der taktischen Division des Bataillons B3-16, der honduranischen Todesschwadron, die in den 80er Jahren folterte und zahlreiche Menschen „verschwinden“ ließ. Das sind bekannte Vorgänge, trotz derer oder gerade wegen denen wurde er für die Bildung des ach so demokratischen Putschregimes ausgewählt.
Die Repression geht weiter in Honduras. Am Donnerstag vergangener Woche wurde der Vater von Isis Obeid Murillo festgenommen, dem jungen von der Armee auf dem Flughafen Tegucigalpas ermordeten 19-Jährigen: Er hatte die merkwürdige Idee, öffentlich Gerechtigkeit für seinen Sohn zu fordern. (5)
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Das Weiße Haus bleibt weiterhin nachgiebig mit dem, was es als „illegalen Akt“ qualifizierte. Hillary weigert sich, es einen „Staatsstreich“ zu nennen, denn dies würde automatisch die Aussetzung der ökonomischen und militärischen Hilfe der USA für Honduras beinhalten. Die in Costa Rica stattfindenden Gespräche über eine friedliche Regelung, in denen der Präsident Oscar Arias auf Bitte von Obama als Vermittler fungiert, sind eine Farce. Arias kündigte bereits an, dass er sowohl den Putschisten Micheletti als auch den an den Urnen gewählten Bevollmächtigten und Abgesetzten als „Präsidenten“ behandeln wird. Dies ist wahrlich Unparteilichkeit.
Quellen:
(1) www.proceso.hn, 21-9-08
(2) The New York Times, 30.6.09
(3) www.laprensahn.com , 22.6.09
(4) www.elheraldo.hn , 2.2.93
(5) www.wsw.org , 11.7.09
(6 Miami Herald, 1.7.09
Der Autor:
Der Autor:
Juan Gelman wird als einer der wichtigsten zeitgenössischen Dichter aus
Argentinien und Lateinamerika angesehen. Er hat am 29. November 2007
den Premio Cervantes zugesprochen erhalten, einen der wichtigsten
Literaturpreise der spanischsprachigen Welt. Gelman schreibt viele
Artikel für die Tageszeitung Página/12 von Buenos Aires.
Übersetzung: tlaxcala
Der Artikel erschien am 16. Juli bei La Quinta Pata unter dem Titel: La Casa Blanca conocía desde hacía meses el golpe que se preparaba en Honduras
www.hintergrund.de/20090730445/politik/welt/die-rolle-der-usa-beim-militärputsch-in-honduras.html