Morddrohungen gegen feministische Organisation

(Oaxaca de Juárez, 16.Juni 2020, poonal).- Die Mitarbeiterinnen der Frauenorganisation Consorcio in der südmexikanischen Stadt Oaxaca de Juárez werden mit dem Tod bedroht. Wie die Feministinnen am Montag (Ortszeit) in einer Pressemitteilung erklärten, haben Unbekannte vor ihrem Bürogebäude einen Plastiksack abgelegt, in dem sich Fleischstücke befanden, die offensichtlich von einem Tierkopf stammten. Daneben sei ein Pappkarton gelegen, auf dem zu lesen war: „Halt dich zurück, Hündin, der nächste ist deiner“.  Unterschrieben war die Botschaft mit den Buchstaben CJNG – dem Kürzel für das kriminelle „Kartell Neue Generation Jalisco“, eine der wichtigsten und aggressivsten Mafiaorganisationen Mexikos.

Consorcio wertet den Angriff als Reaktion auf ihre aktuelle Kampagne zur Unterstützung von Soledad Jarquín Edgar, deren Tochter und Fotojournalistin Maria del Sol vor zwei Jahren auf offener Straße erschossen wurde. Die Täter seien nie zur Rechenschaft gezogen worden, obwohl sie längst identifiziert worden seien, erklärte die Consorcio-Leiterin Ana Maria Hernández gegenüber poonal. Die Kampagne richte sich unter anderem gegen diese Straflosigkeit und sei von ständigen Angriffen begleitet gewesen, heißt es in der Erklärung. Zuletzt sei eine Plakatwand zur Unterstützung der Mutter verschwunden.

Institutionelle Verantwortung für Gewalt gegen Frauen

Die Organisation macht die Regierung des Bundesstaates für die Attacke mitverantwortlich. Die Feministinnen vermuten, dass der Gouverneur Alejandro Murat versuche, den Tod von Maria del Sol als Problem der organisierten Kriminalität darzustellen.

Consorcio zählt zu den wichtigsten feministischen Organisationen des Landes. Sie setzt sich seit 17 Jahren für Frauenrechte, gegen Gewalt gegen Frauen und für das Recht auf Abtreibung in Mexiko und Zentralamerika ein. In Mexiko sterben im Durchschnitt täglich mehr als zehn Frauen eines gewaltsamen Todes. Allein im Bundesstaat Oaxaca wurden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres 42 Frauen und Mädchen ermordet, 800 sind nach Angaben von Consorcio verschwunden, seit Murat im Dezember 2016 sein Amt übernommen hat.

Werden schwere Straftaten juristisch nicht aufgeklärt oder bestraft, so wird das als Straflosigkeit bezeichnet. Diese wirkt sich nachhaltig aus auf das individuelle Empfinden der Anerkennung der Opfer, das gesamtgesellschaftliche Gerechtigkeitsempfinden und den Schutz vor Wiederholung.

Stellungnahme zur Todesdrohung gegen die mexikanische Menschenrechtsorganisation Consorcio

Stuttgart, Berlin, 18.06.2020 Die feministische Organisation Consorcio setzt sich in dem mexikanischen Bundesstaat Oaxaca seit 17 Jahren für Frauenrechte und den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen ein. Am vergangenen Montag, 15.Juni, platzierten Unbekannte vor dem Büro der Organisation eine Plastiktüte, die einen Tierkopf enthielt. Daneben fand sich eine Todesdrohung („Halt dich zurück, Hündin, der nächste ist deiner. CJNG“), unterzeichnet mit dem Kürzel des Drogenkartells „Jalisco Nueva Generación“.

Consorcio beschuldigt jedoch die Landesregierung unter Gouverneur Alejandro Murat und die oaxaquenische Staatsanwaltschaft. Die Organisation sieht die Drohung in Zusammenhang mit dem Feminizid an der Fotojournalistin María del Sol Cruz Jarquín, die am 2. Juni 2018 in Juchitán de Zaragoza (Oaxaca) ermordet wurde. Consorcio begleitet den Fall und unterstützt die Kampagne „Hasta que la Justicia Llegue“ („Bis die Justiz tätig wird“). Initiiert hat die Kampagne die Mutter der Getöteten, Soledad Jarquín Edgar. Für ihre Forderung nach einem Ende der Straflosigkeit wird sie bereits seit Längerem massiv bedroht.

In Mexiko sterben laut offiziellen Zahlen täglich zehn Frauen eines gewaltsamen Todes. Laut der internationalen Organisation FrontLineDefenders wurden 2019 landesweit 23 Menschenrechtsverteidiger*innen ermordet. Oaxaca ist sowohl in Bezug auf Feminizide als auch Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger*innen einer der gefährlichsten mexikanischen Bundesstaaten. Die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko ist sehr besorgt, da die Gewaltsituation während der Coronakrise weiter eskaliert. Wir schließen uns der Forderung mexikanischer Nichtregierungsorganisationen an, nach denen der mexikanische Staat die Sicherheit der Mitarbeiterinnen von Consorcio garantieren und die Aggression gegen die Menschenrechtsorganisation umfassend aufklären muss. Wir fordern eine internationale Beobachtung des Falls und rufen politische Entscheidungsträger*innen in Deutschland dazu auf, ihre diplomatischen Kanäle zu nutzen, um ihre Sorge um die Sicherheit der Mitarbeiterinnen zum Ausdruck zu bringen.

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