Mörder von Berta Cáceres in Honduras bald frei?

Von Andrea Lammers
amerika21

La Esperanza-Intibucá. Die honduranischen Behörden könnten die Corona-Pandemie nutzen, um zwei Männer freizulassen, die im November 2018 wegen des Mordes an Berta Cáceres zu 30 Jahren Haft verurteilt worden waren. Das befürchtet der Rat der Indigenen und Volksorganisationen aus Honduras (Copinh).

Berta Cáceres war Gründerin und langjährige Koordinatorin von Copinh. Sie wurde in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2016 in ihrem Haus in La Esperanza-Intibucá erschossen.

Nun hat der Rat erfahren, dass die Anwälte von Sergio Rodríguez Orellana und Douglas Bustillo deren Freilassung "aus gesundheitlichen Gründen" auf Grund der Risiken der Corona-Pandemie fordern. Die beiden Verurteilten waren zum Tatzeitpunkt Manager für Umwelt und Soziales und ehemaliger Sicherheitschef des Wasserkraft-Unternehmens Desarollos Energéticos S.A. (Desa) der honduranischen Unternehmerfamilie Atala Zablah. Rodríguez und Bustillo gelten zusammen mit dem Major der Armee, Mariano Díaz, als Mittelsmänner zwischen den Auftraggebern aus den höheren Rängen des Unternehmens und dem vierköpfigen Killerkommando, das Cáceres tötete.

Als bisher einziger potentieller Auftraggeber sitzt Desa-Chef David Roberto Castillo Mejía seit über zwei Jahren in Untersuchungshaft. Laut Copinh genießt er dort vielerlei Privilegien wie großzügige Besuchsregelungen und separate "VIP"-Unterbringung. Copinh nimmt an, dass auch Bustillo und Rodríguez im Gefängnis des Hauptstadtdistriktes "Marco Aurelio Soto" nahe des Ortes Támara untergebracht sind, dessen Leitung als besonders korrupt gilt. Ende 2019 wurde auch dieses Gefängnis vollständig unter militärische Oberaufsicht gestellt, weshalb der Leiter des Aufsichtsgremiums, Oberst José González Maradiaga und die weiteren Verantwortlichen aufgefordert sind, sich zu der Situation zu äußern.

"Eigentlich müsste es eine Anhörung über die Freilassung geben. Die zuständige Staatsanwältin sagt uns jedoch, sie wisse von nichts", betonte die Koordinatorin des Rates, Bertha Zúniga gegenüber amerika21. "Da Copinh von der Nebenklage ausgeschlossen wurde, haben unsere Anwälte es extrem schwer, überhaupt Informationen zu bekommen. Es könnte sogar passieren, dass die beiden freigelassen werden und wir nichts davon erfahren", so Zúniga.

Das Center for Justice and International Law (CEJIL) erinnerte indes die staatlichen Stellen daran, dass sie zwar aufgefordert sind, während der Pandemie Gefangene zu schützen und, wo es möglich ist, freizulassen. Dafür gebe es ein internationales Regelwerk und der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte habe mehrfach darauf hingewiesen, dass diese humanitären Regelungen nicht dazu missbraucht werden dürfen, Täter von schweren Menschenrechtsverletzungen zu begünstigen oder Ermittlungen gegen schwerer Verbrechen Verdächtige zu blockieren.

Auch die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, hatte ihre Aufforderung auf diejenigen bezogen, die "ohne ausreichende rechtliche Begründung in Haft sitzen, unter anderem politische Gefangene und andere, die nur verhaftet wurden, weil sie Kritik vorgetragen haben oder Dissidenten sind".

Dazu gehören in Honduras unter anderen acht Umwelt- und Gemeindeaktivisten aus Guapinol, für deren Freilassung sich derzeit Bundestags- und Europaabgeordnete einsetzen.

CEJIL wies darauf hin, dass die Verurteilten im Fall Berta Cáceres und der Beschuldigte David Castillo eindeutig nicht zu diesem Personenkreis gehören und der Staat für ihre medizinische Versorgung und persönliche Unversehrtheit innerhalb der Gefängnismauern zu sorgen hat.

Beobachter halten es für kein gutes Vorzeichen, dass die Justiz ihre Untersuchung über die Freilassung von etwa 200 Häftlingen wegen der Corona-Epidemie in Támara begonnen hat und nicht etwa in den Gefängnissen, in denen die politischen Gefangenen in U-Haft sitzen. Die Sorge von Copinh wird auch dadurch gestützt, dass offenbar bereits die vorzeitige Entlassung eines prominenten Verurteilten bevorsteht. Es handelt sich dabei um den Juristen Teodoro Bonilla. Der frühere stellvertretende Leiter einer Justizbehörde war 2017 zu sechs Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs und Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt worden.

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