Honduras: Übergriffe und Gewalt gegen „Empörte“ im Hungerstreik mindern deren Entschlossenheit nicht

Sie fordern eine internationale Untersuchungskommission und ein Verfahren gegen die Beteiligten am Bankrott der Sozialversicherung


Der ganze Bereich wurde sofort von Militärs mit Metallgittern abgesperrt. Bürger_innen und  Pressevertreter_innen wurden nicht durchgelassen, ebenso wenig der Aufbau von Installationen, die einen Aufenthalt der Jugendlichen und ihrer über zwanzig Begleiter_innen ermöglichen sollen. „Sie wollen uns zermürben, indem sie den Zugang zu Strom, einen Ventilator, Sonnenschutz und ein mobiles WC verhindern. Auch den Medien geben sie keinen Zutritt und verletzen so das Recht auf freie Meinungsäußerung,“ sagte Ariel Varela zu LINyM.

Diese Abriegelung ermöglichte einer großen Gruppe unbekannter Angreifer_innen am frühen Morgen des Dienstag eine brutale Attacke mit Schlägen und Steinwürfen auf die Begleiter_innen der Hungerstreikenden. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter auch Journalist_innern nationaler und internationaler Medien, die versuchten, über den Protest der Hungerstreikenden zu berichten. Einigen wurde ihre Ausrüstung abgenommen.

Trotz der Gewalt und der Drohungen gegen sie versichern die Jugendlichen, dass sie ihren Protest nicht aufgeben und an ihren Vorsätzen festhalten werden.

„Schluss mit der Korruption - Her mit einer Kommission gegen die Straflosigkeit“

Ihre Forderungen sind klar. Sie verlangen die Einsetzung einer Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Honduras (Comisión internacional contra la impunidad en Honduras - CICIH). Zudem soll das Parlament ein politisches Verfahren gegen die Funktionäre anstrengen, die in die Ausplünderung der Sozialversicherung verwickelt waren.

„Die honduranische Bevölkerung hat diese Ausplünderung satt, sie hat sich erhoben und will teilhaben, sie will ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und das ihre beitragen. Am Dienstag kamen Hunderte um unseren Protest zu unterstützen und verschiedene Organisationen werden das ab morgen fortsetzen. Für den Freitag erwarten wir eine große Demonstration mit Fackeln zum Präsidentenpalast um diesen Kampf zu unterstützen,“ erklärte Varela.

Der jugendliche „indignado“ wies zudem Erklärungen von Präsidentenberater Ebal Díaz zurück, der behauptet hatte, die Proteste würden gewalttätig und die „indignados“ mit einem Molotowcocktail in Verbindung gebracht hatte, der auf ein Nebengebäude des Obersten Gerichtshofes geworfen worden war. „Dieser Herr ist ein Lügner und überhaupt nicht maßgeblich. Seine Erklärungen haben nur das Ziel, die Protestbewegung zu diskreditieren. Wir haben landesweit bewiesen, dass die Fackeldemonstrationen entschlossen sind, aber friedlich. Diese Anschuldigungen zeigen die tiefe Angst die die Regierung vor der Bevölkerung gar. Sie fühlt sich gegen die Wand gedrängt und merkt, dass sie keine Unterstützung in der Bevölkerung mehr hat“, schlußfolgerte der jugendliche „indignado“.

Korruption und dreister Betrug

Seit über sieben Wochen reagieren weite Teile der Bevölkerung heftig auf eine Anschuldigung, die der Direktor von Radio Globo und  Globo TV, David Romero Ellner erhoben hat: Er bringt die Regierungspartei Partido Nacional mit einem riesigen Betrugsskandal gegen die honduranische Sozialversicherung in Verbindung, der im vergangenen Jahr aufgedeckt wurde.

Nach seinen Recherchen wurden 90 der 330 Millionen Dollar, die dem Sozialversicherungssystem entzogen wurden, dazu verwendet, Rechnungen der Nationalen Partei zu bezahlen, um die Wahlkampagne des damaligen Präsidentschaftskandidaten und heutigen Präsidenten Juan Orlando Hernández zu finanzieren. Unmittelbare Täter waren hohe Funktioäre des IHSS, die inzwischen in Haft sind.

Das Abzweigen von Geldern aus der Sozialversicherung in Richtung Nationale Partei wurde von einem Mehrparteien-Untersuchungsausschuss des Parlamentes bestätigt, der zwölf Korruptionsfälle untersuchte, unter anderem besagten Bankrott des Sozialversichungsinstitutes IHSS.

Um diesen Millionenbetrug zu begehen, hatten Familienangehörige der IHSS-Funktionäre Scheinfirmen gegründet, die angeblich Medikamente, Dienstleistungen und medizische Geräte lieferten. Diese wurden aus den Lagern des IHSS gestohlen und danach „geliefert“.  Romero Ellner versicherte, dass die gesamte Parteispitze der Nationalen Partei von diesem Betrugsmechnismus wusste – eingeschlossen der ehemalige Präsident Porfirio Lobo und der jetzige Juan Orlando Hernández – und dass Mitglieder der Staatsanwaltschaft (in Honduras: Ministerio Público, Anmerk. d. Ü.) Beweismittel unterschlagen und die Ermittlungen ad acta gelegt haben.
Mit freundlicher Genehmigung von Giorgio Trucchi - LINyM

Quelle: http://nicaraguaymasespanol.blogspot.com/2015/06/honduras-acoso-y-violencia-contra.html

Übersetzung: Öku-Büro München (la)

Ergänzende Informationen auf Spanisch (u.a. über den  mittlerweile auch in San Pedro Sula beginnenden Hungerstreiks von Jugendlichen) unter:

http://www.alainet.org/es/articulo/170633

http://www.defensoresenlinea.com/cms/index.php?option=com_content&view=article&id=3591:indignados-onu-podria-mediar-para-que-el-gobierno-solicite-instalacion-del-cicih-&catid=42:seg-y-jus&Itemid=159

http://www.pasosdeanimalgrande.com/index.php/en/contexto/item/867-se-suman-mas-ciudadanos-indignados-en-tercer-dia-de-huelga-de-hambre

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